Rheumatologische Erkrankungen


Entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankungen

Juvenile Arthritis

Juvenile Arthritis (JIA, juvenile idiopathische Polyarthritis): Vor dem 16. Lebensjahr auftretende und länger als sechs Wochen andauernde Gelenkentzündung (Arthritis). Sie zeigt sich bei Kleinkindern vor allem durch Bewegungsunlust und morgendliche Anlaufschwierigkeiten, größere Kinder klagen zudem über Gelenkschmerzen. Die Ärzt*in unterscheidet sieben Unterformen, die sich anhand der betroffenen Gelenke sowie der Beteiligung anderer Organe wie Auge, Herz oder Lunge voneinander abgrenzen lassen. Behandelt wird mit NSAR, antirheumatischen Basistherapeutika und evtl. Kortison. Eine wichtige Säule der Therapie ist außerdem die Physiotherapie. Der Verlauf ist individuell sehr verschieden. Die günstigste Prognose hat die häufigste Form, die Oligoarthritis: Etwa 80 % der Betroffenen sind im Erwachsenenalter wieder gesund. Betrachtet man alle Subtypen gemeinsam, sind etwa 5 % der Kinder mit Rheuma zwischen 20 und 35 Jahre berentet.

Hinweis: Abzugrenzen von der JIA sind Gelenkentzündungen, die im Rahmen von Infekten auftreten und innerhalb von Tagen oder wenigen Wochen folgenlos abklingen.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Schonhaltung bei bestimmten Bewegungen
  • Auffälligkeiten beim Krabbeln, Gehen und Laufen
  • Asymmetrische Gelenkschwellungen (auch Wurstfinger oder Wurstzehen) und Schmerzen an mehreren Gelenken
  • Rückenschmerzen
  • Morgensteifigkeit
  • Allgemeinsymptome wie Fieber und Kopfschmerzen.

Wann in die Arztpraxis

In den nächsten Tagen, wenn

  • beim Kind oben genannte Beschwerden auftreten.

Die Erkrankung

Die juvenile idiopathische Arthritis ist die häufigste chronisch-rheumatische Erkrankung im Kindesalter. Pro Jahr erkranken in Deutschland etwa 1.500 Kinder daran, insgesamt gehen Expert*innen von bis zu 15.000 Betroffenen aus.

Die JIA zeichnet sich primär durch entzündliche Prozesse an Gelenken und Sehnen aus. Dadurch kommt es zunächst zu Schwellungen und Schmerzen. Halten die Entzündungsvorgänge jahrelang an, droht die Zerstörung der betroffenen Gewebe. In der Folge können die Gelenke einsteifen, sich verformen und/oder ihre Funktion verlieren.

Ursachen

Die Ursache der JIA ist unbekannt, vermutet wird eine immunologische Veranlagung, d. h. eine Veränderung in bestimmten Genen. Die Krankheit gilt jedoch nicht als vererbbar: Damit sie sich entwickelt, müssen zu der Veranlagung weitere Faktoren dazukommen. So sollen beispielsweise Infektionen die JIA triggern.

Klinik und Verlauf der einzelnen Formen

Die verschiedenen Formen der JIA unterscheiden sich in ihrem Erscheinungsbild und ihrem Verlauf deutlich. Für alle Arthritiden ist typisch, dass kleine Kinder eher durch Bewegungsunlust und Schonhaltung auffallen. Erst wenn die Kinder größer sind, klagen sie über Gelenkschmerzen. Außer bei der Enthesitis-assoziierten Arthritis und der systemischen Form sind bei der JIA Mädchen deutlich häufiger betroffen als Jungen.

Oligoarthritis. Über die Hälfte der Kinder mit JIA leiden an diesem Subtyp. Die Beschwerden beginnen meist zwischen dem 2. und 4. Lebensjahr. Betroffen sind in den ersten sechs Erkrankungsmonaten definitionsgemäß bis zu vier Gelenke, vor allem Knie- und Sprunggelenke. Deshalb bewegen sich die Kinder ungern, morgens haben sie Anlaufschwierigkeiten. Jedes fünfte erkrankte Kind entwickelt eine Augenentzündung (siehe Komplikationen). Bei den meisten Kindern verläuft die Oligoarthritis gutartig, in manchen Fällen geht sie jedoch in eine Polyarthritis mit fünf oder mehr entzündeten Gelenken über. Etwa ein Fünftel der Kinder leidet im Erwachsenenalter noch unter Gelenkproblemen wie z. B. Schmerzen, Schwellungen, Einsteifungen oder Funktionsverlust.

Seronegative Polyarthritis. Diese Form ist die zweithäufigste JIA, sie betrifft etwa 30 % der Kinder. Sie erkranken meist zu Beginn des Schulalters. Manchmal geht die seronegative Polyarthritis auch aus einer Oligoarthritis hervor. Definitionsgemäß sind mehr als fünf kleine oder große Gelenke betroffen, typischerweise sind neben dem Knie-, Hand- oder Sprunggelenk auch Finger- und Zehengelenke entzündet. Der Rheumafaktor im Blut ist, wie bei der Oligoarthritis, negativ (deshalb die Bezeichnung "seronegativ"). Die Erkrankung verläuft langsam fortschreitend. Jede zweite Betroffene ist im Erwachsenenalter durch die Erkrankung eingeschränkt, Hilfsmittel für die Bewältigung des Alltags benötigen jedoch nur wenige.

Seropositive Polyarthritis. Sie unterscheidet sich von der seronegativen Polyarthritis dadurch, dass im Blut der Rheumafaktor nachgewiesen wird. Weniger als 10 % der JIA-Patient*innen leiden an diesem Subtyp, Mädchen erkranken deutlich häufiger daran als Jungen (10 : 1). Die Beschwerden beginnen meist zwischen dem 9. und 12. Lebensjahr. Die Erkrankung spricht weniger gut auf die antirheumatische Therapie an. Deshalb benötigen viele Betroffene schon im Alter zwischen 25 und 40 Jahren künstliche Gelenke.

Psoriasisarthritis. Bei diesem Subtyp (< 10 % der JIA) leiden die Betroffenen unter Entzündungen kleiner und mittlerer Gelenke und einer Schuppenflechte (Psoriasis). Oft geht die Arthritis der voll ausgeprägten Schuppenflechte voraus, die Betroffenen haben also erst Beschwerden an den Gelenken, bevor die schuppigen Hautveränderungen auftreten. In diesen Fällen gelten typische Nagelveränderungen, eine Schuppenflechte in der Familie oder die Entzündung ganzer Finger oder Zehen (Daktylitis) als diagnostischer Hinweis für eine Psoriasisarthritis.

Enthesitis-assoziierte Arthritis. Diese Form betrifft vor allem Jungen zwischen dem 9. und 12. Lebensjahr. Betroffen sind meist Knie- und Sprunggelenke sowie die Sehnenansätze (Enthesitiden). Häufig ist der Ansatz der Achillessehne entzündet und die Kinder leiden an deutlichen Fersenschmerzen. Wie bei der Oligoarthritis kommt es oft zu einer Augenbeteiligung. Typisch ist das Vorhandensein des Gewebeantigens HLA-B27. Etwa die Hälfte entwickelt im Erwachsenenalter einen Morbus Bechterew.

Systemische Form (Still-Syndrom). Diese sehr seltene Form des kindlichen Rheumas zeichnet sich aus durch immer wieder auftretendes hohes Fieber über mindestens zwei Wochen, der Entzündung mindestens eines Gelenks und weiteren Manifestationen außerhalb des Bewegungsapparates. Dazu gehören z. B. ein lachsfarbener Hautausschlag, Lymphknotenschwellungen, Leber- und Milzvergrößerung sowie die Entzündung von Herzbeutel, Bauchfell oder Lungenfell. Jede zehnte Patient*in entwickelt ein lebensbedrohliches Makrophagenaktivierungssyndrom mit massiv überschießender Reaktion des Immunsystems.

Andere Arthritis. Alle kindlichen Rheumaerkrankungen, die nicht sicher in eine der vorher genannten Subtypen passen, werden als andere Arthritis bezeichnet.

Komplikationen

Die wichtigste Komplikation der JIA ist die Augenbeteiligung, die außer bei der systemischen Form bei allen Subtypen der JIA droht. Dabei entzündet sich meist die Gefäßhaut (Uvea) im vorderen Augenabschnitt (Uveitis anterior). Weil die für die "normale" Uveitis typischen Beschwerden wie schmerzhafte, gerötete Augen und Lichtempfindlichkeit bei der JIA-Uveitis häufig fehlen, wird diese oft übersehen. Doch wenn man die Uveitis nicht erkennt und behandelt, können die Kinder erblinden. Aus diesem Grund sind bei allen JIA-Kindern sowohl zum Zeitpunkt der Diagnose als auch regelmäßig im Verlauf der Erkrankung augenärztliche Kontrollen obligat.

Des Weiteren können schwere Verläufe einer JIA zur Verformung oder kompletten Zerstörung des betroffenen Gelenks führen. Auch auf das Wachstum hat die Erkrankung Einfluss. Verschließen sich die Wachstumsfugen vorzeitig, drohen Wachstumsstillstand und Kleinwuchs.

Diagnosesicherung

Basis der Diagnose ist die gründliche Befragung des Kindes und der Eltern. Die typischerweise über seit mehreren Wochen auffallende Bewegungsunlust, morgendliche Anlaufschwierigkeiten sowie Schmerzen und Schwellungen an den Gelenken geben der Ärzt*in deutliche Hinweise auf eine JIA.

Bei der körperlichen Untersuchung achtet man auf Schonhaltungen und Auffälligkeiten beim Krabbeln oder Gehen. Die Ärzt*in prüft die Gelenke auf Schwellungen, Rötung, Schmerzen und Funktion. Die Anzahl der betroffenen Gelenke wird dokumentiert, sie spielt eine wichtige Rolle bei der Einordnung der Erkrankung in einen der Subtypen und bei der Beurteilung des Krankheitsverlaufs. Immer werden auch Haut und Fingernägel gründlich inspiziert, um Hinweise auf eine Psoriasisarthritis nicht zu übersehen.

Auch Blutuntersuchungen helfen bei der JIA weiter. Allerdings gibt es keinen Marker, der die Erkrankung zweifelsfrei nachweist. Die verschiedenen Laborwerte zeigen aber das Ausmaß der Entzündung und helfen bei der Einordnung in einen der JIA-Subtypen. Bestimmt werden meist CRP, Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG), Leukozyten, Rheumafaktor und das HLA-B27.

Röntgenuntersuchungen sind bei Kindern meist wenig aufschlussreich, da sich die Veränderungen an den knöchernen Bereichen der Gelenke oft erst nach Jahren zeigen. Der Ultraschall hingegen kann hilfreich sein, z. B. um Gelenkergüsse oder Veränderungen an den Sehnen sowie ihren Ansatzstellen nachzuweisen.

Hinweis: Alle Kinder, bei denen eine JIA diagnostiziert wird, müssen schnellstmöglich und danach in regelmäßigen Abständen vom Augenarzt untersucht werden.

Diagnose der systemischen Form

Die systemische Form der JIA (Morbus Still) erkennt die Ärzt*in meist daran, dass Fieber plus Hautausschlag plus Gelenkschmerzen in Schüben auftreten. Bei der körperlichen Untersuchung lassen sich oft Lymphknotenschwellungen tasten. Auch Leber und Milz sind häufig vergrößert, dies kann die Ärzt*in mithilfe der Ultraschalluntersuchung des Bauches nachweisen.

Im Labor findet man zusätzlich zu den veränderten Entzündungswerten (CRP, BSG, Leukozyten) eine erhöhte Anzahl der Blutplättchen (Thrombozyten) und verminderte rote Blutkörperchen (Anämie). Eine intensive kardiologische Diagnostik mit EKG und Echokardiografie zeigt, ob das Herz oder der Herzbeutel entzündet sind.

Differenzialdiagnose. Vor allem muss die JIA gegen die lebensbedrohliche akute lymphatische Leukämie abgegrenzt werden. Beide Krankheitsbilder zeigen zu Beginn Gelenkschwellungen, Bewegungsbeeinträchtigungen und Gelenkschmerzen. Daneben sind andere Ursachen für Gelenkentzündungen auszuschließen, wie z. B. die reaktive Arthritis oder durch Viren ausgelöste Gelenkentzündungen.

Behandlung

Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung ist eine frühe Diagnose und die Zuweisung des Kindes zu einer Ärzt*in mit rheumatologischer Fachkompetenz. Nur wenn die Krankheit so schnell wie möglich kontrolliert wird, lassen sich Folgeschäden und Komplikationen verhindern. Das Therapieziel ist die Remission, d. h. eine inaktive Krankheit spätestens sechs Monate nach Therapiebeginn.

Um die Entzündung medikamentös einzudämmen, kommen je nach Subtyp NSAR, Glukokortikoide, aber auch die in der Erwachsenenrheumatologie verwendeten krankheitsmodifizierenden Medikamente (DMARD) zum Einsatz. Oft werden verschiedene Wirkstoffe miteinander kombiniert.

NSAR wie Ibuprofen, Naproxen, Diclofenac empfehlen die Leitlinien bei milden Verläufen aller Subtypen der JIA als initiale Therapie der Gelenkbeschwerden.

Glukokortikoide kommen beispielsweise als Gelenkspritze bei einer aktiven Arthritis zum Einsatz. Bei einer ausgeprägten Krankheitsaktivität verordnen die Ärzt*innen Glukokortikoide manchmal auch systemisch, d. h. über Tabletten. Die Einnahme soll aufgrund der vielen Nebenwirkungen einer langfristigen Glukokortikoidgabe (vermehrte Infekte, Bluthochdruck, Steroidakne, Verhaltensänderung) nur über einen kurzen Zeitraum erfolgen.

DMARD (krankheitsmodifizierende antirheumatische Medikamente) kommen zum Zug, wenn NSAR oder Gelenkspritzen mit Glukokortikoiden keine ausreichende Wirkung gezeigt haben. Bei schweren Verläufen oder bei der polyartikulären JIA setzt man sie auch von Anfang an ein. Meist beginnen die Ärzt*innen mit konventionellen DMARD, vor allem mit Methotrexat, manchmal auch mit Sulfasalazin. Dämmen diese die Entzündung nicht ein, sind bDMARD (sog. Biologika) die nächste Option. Diese Wirkstoffe sind biotechnologisch gewonnene Eiweiße, die gegen entzündliche Botenstoffe (z. B. Tumornekrosefaktor alpha, kurz TNF-alpha) oder Immunzellen gerichtet sind. Aus dieser Gruppe erzielen Wirkstoffe gegen den TNF-alpha besonders gute Erfolge. Für Kinder ab zwei Jahren zugelassen sind beispielsweise Etanercept und Adalimumab. Versagen diese Wirkstoffe, kann auf ein anderes Biologikum gewechselt werden, z. B. Abatacept oder Tocilizumab. Neuerdings setzen Kinderrheumatolog*innen bei schweren Verläufen auch Tofacitinib, einen Januskinasehemmer, ein.

Therapiert wird in jedem Fall, bis die Entzündung abgeklungen ist. Keine klaren Empfehlungen gibt es dazu, wie es dann weitergeht, also wie lange darüber hinaus Medikamente nötig sind. Manche Expert*innen raten dazu, noch zwei weitere Jahre zu behandeln. Danach verlängert man die Intervalle zwischen den Medikamentengaben und setzt die Wirkstoffe nach insgesamt weiteren 24 Monaten ab. Insgesamt ist die Behandlung individuell an die Schwere der Erkrankung anzupassen.

Wie alle Medikamente können DMARD auch unerwünschte Wirkungen auslösen. Die wichtigste ist ein erhöhtes Infektionsrisiko. Deshalb sollten Kinder, die solche Therapien erhalten, sämtliche vorgeschriebenen Impfungen bekommen. Totimpfstoffe wie gegen Meningokokken oder Pneumokokken sind auch während der Behandlung möglich. Impfungen mit Lebendimpfstoffen wie z. B. gegen Masern, Mumps oder Röteln müssen vor Einleitung einer antirheumatischen Therapie abgeschlossen sein.

Behandlung der Augenkomplikationen

Bei einer Beteiligung der Augen behandelt man zunächst mit glukokortikoidhaltigen Augentropfen (Dexamethason 0,1 %) bis die Entzündung abgeklungen ist. Ist das Auge nach zwölf Wochen noch entzündet, erhält das Kind Glukokortikoide systemisch als Tabletten, Alternative ist die subkutane Injektion (Spritze unter die Haut) von Methotrexat. Bringt dies auch keinen Erfolg, kommen Biologika wie Adalimumab ins Spiel. Manche Augenärzt*innen setzen Biologika auch schon früher ein.

Nicht-medikamentöse Therapie

Weitere Eckpfeiler der langfristigen Behandlung sind die Physiotherapie und Ergotherapie. Sie haben das Ziel, die Gelenkbeweglichkeit zu erhalten bzw. zu verbessern. Wichtig ist, dass speziell geschulte Therapeut*innen die Kinder anleiten und ihnen auch zeigen, wie sie die erlernten Übungen täglich zuhause durchführen können.

Leiden die Kinder unter Wachstumsverzögerungen und Achsenabweichungen, benötigen sie oft Hilfsmittel, um Fehlbelastungen zu vermeiden. Um betroffene Gelenke zu stabilisieren, sind manchmal auch Hand-, Finger- oder Fußorthesen erforderlich.

Chirurgische Maßnahmen

Kommt es trotz der konservativen Therapiemaßnahmen zu Beinlängendifferenzen, Gelenkzerstörung oder Achsenfehlern, ist ein chirurgischer Eingriff zu erwägen. Um dessen Erfolgschancen zu beurteilen, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Kinderrheumatolog*in und Kinderorthopäd*in nötig. Beinlängendifferenzen kann man mit einer (zeitweisen) operativen Epiphyseodese entgegenwirken. Ersatzgelenke (Prothesen) oder Gelenkversteifungen (Arthrodesen) sind als letzte Möglichkeit erst nach Abschluss des Wachstums zu erwägen.

Prognose

Die JIA ist eine chronische Erkrankung, die sich meist nicht heilen lässt. Mithilfe der Therapie kann man sie aber in eine Art Ruhezustand bringen. Ob dies gelingt und ob der Zustand erhalten bleibt, hängt nicht nur vom individuellen Fall, sondern auch vom JIA-Subtyp ab.

Die schlechteste Prognose hat die Polyarthritis. Hier ist das Risiko für eine fortschreitende Entzündung und bleibende Schäden im Erwachsenenalter hoch. Die Oligoarthritis und die Enthesitis-assoziierte Form verlaufen meist günstiger.

Beim Morbus Still variieren die Krankheitsverläufe. Bei manchen Betroffenen bildet sich die Erkrankung nach mehreren Wochen wieder zurück. Andere benötigen langfristig Medikamente, um die Entzündung in Schach zu halten.

Ihre Apotheke empfiehlt

Neben der medikamentösen Behandlung und der speziellen Physiotherapie gibt es noch einige weitere Möglichkeiten, die Beschwerden einer JIA zu lindern.

Komplementäre Medizin

Bei akut schmerzenden Gelenken wirkt Kälte schmerzlindernd und abschwellend. Therapiert wird mit Alkoholwickeln, Kältepacks, Kaltluft, Eis oder Kältekammern. Um Hautschäden zu verhindern, dürfen Eis und Kältepacks nicht direkt auf die Haut gelegt, sondern müssen in Tücher eingeschlagen werden. Kälte soll insgesamt nicht länger als 10 bis 15 Minuten einwirken.

Wärme ist außerhalb des akuten Entzündungsstadiums ratsam. Sie fördert die Durchblutung und ist dadurch schmerzlindernd und entspannend. Typische Anwendungsmethoden sind Fangopackungen, Gelpackungen, die heiße Rolle oder eine Wärme-Therapiebox mit Sand.

Massagen entspannen Muskeln, die das Gelenk in Schonhaltung fixieren. Lymphdrainagen reduzieren den Druck in akut entzündeten Gelenken und tragen dadurch zur Schmerzlinderung bei. Sie werden vor allem im chronischen Stadium empfohlen.

Auch die elektrische Therapie hat Eingang in die Behandlung der JIA gefunden. Die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) lindert Gelenkschmerzen und Schmerzen bei Sehnenansatzentzündung (Enthesitis). Hier ist jedoch eine gute Einweisung erforderlich, denn zu hohe Ströme gefährden Wachstumsfugen, Knorpel oder Knochen. Die Ultraschalltherapie bewirkt eine Schmerzlinderung durch hochfrequente Mikromassage des Gewebes und der dadurch ausgelösten Tiefenwärme. Manche Ärzt*innen empfehlen auch hydroelektrische Bäder.

Sport

Kinder und Jugendliche mit JIA haben oft erhebliche Defizite in puncto Bewegung und Ausdauer. Eine Ursache ist die Erkrankung, die einen inaktiven Lebensstil fördert. Oft wird die mangelnde Bewegung durch krankheitsbedingte Erschöpfung, aber auch durch übervorsichtige Eltern oder falsche Ratschläge (z. B. generelles Sportverbot) von unwissenden Lehrer*innen und Ärzt*innen unterstützt.

Dosiertes, körperlich angepasstes Training ist aber auch für JIA-Kinder von Vorteil. Es bessern sich Ausdauer und Beweglichkeit, und auch die Schmerzen nehmen ab. Dass sich die Krankheit durch Bewegung verschlechtert, ist eher nicht zu befürchten. Vor Aufnahme von Sport sollten Eltern und Kind zur Sicherheit immer Rücksprache mit der Kinderrheumatolog*in halten.

Generell gilt, dass in Phasen der aktiven Erkrankung die sportliche Betätigung angepasst werden muss. Ruht die Krankheit (Remission) darf die JIA-Patient*in altersentsprechend und ohne Einschränkung Sport ausüben.

Weiterführende Informationen

  • www.versorgungslandkarte.de – Internetseite des Deutschen Rheuma-Liga Bundesverbands e. V., Bonn: Hier finden Sie Adressen von kinderrheumatologischen Zentren und Kliniken mit speziellen Abteilungen für pädiatrische Rheumatologie.

Morbus Bechterew

Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans, Spondylitis ancylopoetica, SA axiale Spondylarthritis): Chronisch-rheumatische Erkrankung aus der Gruppe der Spondyloarthritiden, die zu tiefsitzenden Rückenschmerzen und Steifigkeit der Lendenwirbelsäule führt. Auch Knie- oder Schultergelenke und die Ansatzstellen der Sehnen sind oft entzündlich verändert, seltener Organe wie Darm oder Lunge. Die Erkrankung beginnt im Alter zwischen 15 und 40 Jahren, Männer erkranken deutlich häufiger als Frauen. Der Morbus Bechterew verläuft in Schüben und sehr variabel. Das Spektrum reicht von milden Formen mit wenig Beschwerden bis zu hochaggressiven Verläufen, bei denen es schon in jungen Jahren zur Versteifung der Wirbelsäule kommt. Eine konsequente Physiotherapie hilft, die Beweglichkeit so lange wie möglich zu erhalten. Daneben kommen je nach Krankheitsaktivität nichtsteroidale Antirheumatika, Kortison oder auch Biologika zum Einsatz.

Leitbeschwerden

  • Langsame, über Wochen zunehmende, tief sitzende Rückenschmerzen mit Ausstrahlung in die Oberschenkel und zunehmende Steifigkeit in der Lendenwirbelsäule
  • Steifigkeit und Schmerzen vor allem in den frühen Morgenstunden
  • Besserung bei Bewegung und Verschlimmerung bei Ruhe, so dass es die Patient*in aus dem Bett treibt
  • Wechselnde Schmerzen und Schwellungen einzelner großer Gelenke (Knie, Hüften, Schultern, Ellbogen), an der Ferse oder an anderen Sehnenansätzen
  • Augenschmerzen, erhöhte Lichtempfindlichkeit 
  • Schmerzen beim Niesen oder Husten über dem Brustbein, Beschwerden beim Einatmen.

Wann in die Arztpraxis

In den nächsten Tagen oder Wochen, wenn

  • Rückenschmerzen in Ruhe auftreten und über Wochen anhalten
  • große Gelenke schmerzhaft geschwollen sind.

Die Erkrankung

Häufigkeit und Vorkommen

An einem Morbus Bechterew leiden in Deutschland etwa 0,5 % der erwachsenen Bevölkerung, d. h. ca. 340.000 Frauen und Männer. Letztere sind 2,5- bis 5-mal häufiger betroffen als Frauen. Expert*innen gehen jedoch bei den Frauen von einer hohen Dunkelziffer aus, weil diese oft nicht die "typischen" Beschwerden haben.

Erkrankungsursache

Die Ursache der Erkrankung ist ungeklärt. Vermutet wird eine genetische Fehlfunktion des Immunsystems, die in Kombination mit einem Trigger die chronische Entzündung auslöst. Als Trigger gelten nach aktuellem Wissenstand Infektionen, vor allem im Bereich der Verdauungsorgane oder Harnwege.

Hinter der genetischen Veranlagung steckt das Merkmal HLA-B27. Dieses Antigen ist auf allen Gewebezellen zu finden, nachgewiesen wird es auf den weißen Blutkörperchen. Über 90 % der Bechterew-Patient*innen tragen dieses Merkmal. Doch nicht jeder Mensch, der positiv für HLA-B27 ist, erkrankt an Morbus Bechterew. Der Marker ist nämlich auch bei anderen rheumatischen Erkrankungen und sogar bei bis zu 10 % klinisch gesunder Menschen nachweisbar.

Die Erkrankung beginnt langsam und schleichend, die ersten Beschwerden treten meist im 2. bis 3. Lebensjahrzehnt auf. Zunächst stehen Schmerzen an der Wirbelsäule im Vordergrund. Sie äußern sich in lageunabhängigen, dumpfen, tiefsitzenden Rückenschmerzen, die durch Bewegung im Tagesverlauf meist besser werden. Hinter den Beschwerden steckt eine Entzündung der Kreuzbeingelenke (Iliosakralgelenke), der Wirbelsäulengelenke und selten auch der Bandscheiben. Oft werden die Rückenschmerzen zunächst fehlgedeutet bzw. nicht ernst genommen. Aus diesem Grund dauert es bei Männern durchschnittlich 5 bis 10 Jahre, bis die Erkrankung erkannt wird. Bei Frauen verläuft der Morbus Bechterew oft milder, was bei ihnen die Zeit bis zur Diagnose auf bis zu 14 Jahre verlängert.

Der Morbus Bechterew verläuft in Schüben und sehr variabel. Bei manchen Patient*innen kommt die Erkrankung nach einigen Jahren zum Stillstand. Bei anderen führt die chronische Entzündung zu einer knöchernen Versteifung der Wirbelsäule (Ankylosierung). Ist die Wirbelsäule erst einmal steif, schmerzt sie nicht mehr. Je nachdem, in welchem Stadium sie versteift, können sich die Betroffenen nicht mehr aufrichten oder bücken oder den Kopf zur Seite drehen. Im Röntgenbild sieht man, dass die einzelnen Wirbelkörper verschmolzen sind: Die Wirbelsäule gleicht einem großen Bambusstab. Die Veränderungen an den Wirbelgelenken schränken auch die Beweglichkeit des Brustkorbs ein. Dadurch ist die Atmung erschwert.

Einige Patient*innen leiden unter schmerzhaften Entzündungen an den Sehnenansatzstellen (Enthesitis). Oft ist die Achillessehnen betroffen, was zu unangenehmen Fersenschmerzen führt. Bei bis zu einem Drittel der Erkrankten kommt es zum entzündlichen Befall großer Gelenke, vor allem von Hüft-, Schulter oder Kniegelenk. Manchmal sind auch die Gelenke an Händen und Füßen entzündet.

Ein weiteres Problem von Bechterew-Patient*innen ist die verminderte Knochendichte. Fast zwei Drittel zeigen eine Osteopenie, bis zu 20 % sogar eine Osteoporose. Betroffen sind vor allem Männer mit hoher Krankheitsaktivität. Diese Patient*innen haben ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche.

Beschwerden außerhalb des Bewegungsapparates

Der Morbus Bechterew zeigt sich nicht nur an Wirbelsäule, Gelenken und Sehnen. Er führt auch zu Allgemeinsymptomen, die die Lebensqualität der Erkrankten erheblich beeinträchtigen. Dazu gehört neben Fieber und Gewichtsverlust vor allem die Fatigue, also ein extremer Erschöpfungszustand. Unter Fatigue leiden insbesondere die erkrankten Frauen. Zudem werden auch Organe in Mitleidenschaft gezogen:

  • Am Auge droht die Entzündung der Augenhaut (Uvea, bestehend aus Iris, Ziliarkörper und Aderhaut): Jede Vierte entwickelt eine einseitige Iritis (Entzündung der Regenbogenhaut) oder Iridozyklitis. Sie äußert sich in schmerzhaft geröteten Augen, Lichtscheu und Tränenträufeln.
  • Auch entzündliche Veränderungen im Magen-Darm-Bereich sind bei Bechterew-Patient*innen häufig. 60 % haben Entzündungen in Dickdarm oder Dünndarm, die ohne Beschwerden bleiben. Bei etwa 5 bis 10 % der Betroffenen kommt es jedoch zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen mit Durchfall oder Bauchschmerzen.
  • Weitere mögliche (aber seltene) Folgen eines Morbus Bechterew sind Entzündungen der Prostata, Herzrhythmusstörungen, Herzklappenerkrankungen und eine Autoimmunerkrankung der Niere (IgA-Nephropathie).

Diagnosesicherung

Der erste Verdacht auf einen Morbus Bechterew ergibt sich durch die Beschwerden der Patient*in und die klinische Untersuchung. Charakteristisch sind eine eingeschränkte Beweglichkeit der Wirbelsäule und Schmerzen in den Kreuzdarmbeingelenken (Iliosakralgelenken). Zur Prüfung wendet die Ärzt*in verschiedene Tests an:

  • Schober-Test. Hier markiert man auf dem Rücken der stehenden Patient*in einen Punkt in Höhe des 5. Lendenwirbelkörpers und einen zweiten Punkt etwa 10 cm darüber. Dann bückt sich die Patient*in so tief wie möglich. Bei normaler Beweglichkeit der Wirbelsäule gehen die Punkte etwa 4 cm auseinander. Werte unter 4 cm zeigen eine krankhaft verminderte Beweglichkeit der Wirbelsäule an.
  • Brustkorbbeweglichkeit. Dazu misst man den Umfang des Brustkorbs bei maximaler Ein- bzw. Ausatmung. Normal liegen die gemessenen Werte mindestens 5 cm auseinander. Liegen sie darunter, ist die Brustkorbbeweglichkeit eingeschränkt.
  • Druckschmerzen auf den Kreuzdarmbein-Gelenken. Bei dieser Untersuchung liegt die Patient*in auf dem Bauch. Die Ärzt*in fixiert mit einer Hand das Steißbein und überstreckt mit der anderen Hand ein Bein der Patient*in vorsichtig nach hinten-oben. Beim Morbus Bechterew ist diese Prozedur meist schmerzhaft. In Rückenlage prüft die Ärzt*in den Schmerz bei Druck auf beide Darmbeinschaufeln.

Die Blutuntersuchung weist bei über 90 % der Patient*innen HLA-B27 nach, während die üblichen Entzündungszeichen wie BSG und CRP in vielen Fällen negativ ausfallen. Ebenfalls negativ sind in der Regel rheumatische Antikörper wie z. B. der Rheumafaktor.

Goldstandard bei den bildgebenden Verfahren zur Diagnose eines Morbus Bechterew ist die Magnetresonanztomographie der Kreuzdarmbeingelenke. Darin lassen sich entzündliche Veränderungen schon früh erkennen. Konventionelle Röntgenaufnahmen eignen sich nicht für die Frühdiagnose. Sie weisen aber im weiteren Verlauf die knöchernen Strukturveränderungen nach, die sich aufgrund der chronischen Entzündungsprozesse ergeben. Typische Befunde im Röntgenbild sind dann beispielsweise

  • verwachsene Gelenke ohne Gelenkspalt
  • zunehmende Steilstellung der Lendenwirbelsäule
  • Knochenanbauten
  • verknöchernde Sehnenansätze (z. B. als Fersensporn)
  • Bambusrohrform der Wirbelsäule im Endstadium.

Differenzialdiagnosen. Der Morbus Bechterew muss insbesondere von anderen rheumatischen Wirbelsäulenerkrankungen wie der reaktiven Spondyloarthritis oder der Psoriasisarthritis abgegrenzt werden. Ähnliche Beschwerden verursachen außerdem die Osteoporose und Bandscheibenvorfälle.

Therapie

Medikamentöse Behandlung

Die Schmerzen lassen sich gut mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) bekämpfen. Sie helfen tagsüber dabei, Schonhaltungen zu vermeiden und die erforderlichen Übungen zu absolvieren. Nachts ermöglichen NSAR oft das Durchschlafen. Die Auswahl und die Dosis richten sich nach der Intensität der Beschwerden und der Verträglichkeit der Medikamente. Sie können bei Beschwerdefreiheit abgesetzt werden.

Reichen NSAR nicht aus oder werden diese nicht vertragen, kommen Biologika ins Spiel. Diese antirheumatischen Wirkstoffe gehören zu den DMARD (disease modifying drugs = krankheitsverändernde Wirkstoffe). Eingesetzt werden meist TNF-alpha-Blocker oder Interleukin-17A-Inhibitoren.

Bei starken Beschwerden ist eine lokale Injektion von Kortison möglich, z. B. in ein schwer entzündetes Kreuzdarmbeingelenk oder an schmerzhafte Sehnenansatzstellen.

Physiotherapie

Damit die allmähliche Versteifung der Wirbelsäule möglichst langsam verläuft und in einigermaßen aufrechter Haltung endet, ist die tägliche, konsequente Krankengymnastik sehr wichtig. Hierzu gibt es dem jeweiligen Erkrankungsstadium angepasste Übungsprogramme, die in Gruppen oder in der physiotherapeutischen Praxis durchgeführt und erlernt werden. Tägliche morgendliche Übungen helfen gleichzeitig gegen die Morgensteifigkeit und die damit zusammenhängenden Schmerzen. So erreichen viele Patient*innen eine deutliche Besserung.

Physikalische Therapie

Bei einer Entzündung der Sehnen sind Ultraschallbehandlungen und Schwachstromtherapie (Iontophorese) zu empfehlen. Therapien mit Gleichstrom (hydrogalvanische Vollbäder) lindern die Beschwerden der Kreuzdarmbeinentzündung. Bei schweren Formen hilft vermutlich das radioaktive Edelgas Radon, das (z. T. in Kombination mit Überwärmung) in einigen Kurorten angeboten wird.

Operative Therapie

Versteift die Wirbelsäule in starker Beugung, sind Aufrichtungsoperationen möglich. Diese werden in extra dafür spezialisierten Zentren vorgenommen. Hat der Morbus Bechterew ein oder beide Hüftgelenke zerstört, kommt eine Totalendoprothese (TEP) zum Einsatz.

Prognose

Der Morbus Bechterew verläuft chronisch und ist nicht heilbar. Mit Physiotherapie und medikamentöser Behandlung kann man die Beschwerden mildern und ihr Fortschreiten oft bremsen. Fortschritte in Diagnose und Therapie ermöglichen, dass heute ein Großteil der Patient*innen auch noch Jahrzehnte nach der Diagnose eigenständig lebt. Die Lebenserwartung wird durch einen Morbus Bechterew nicht verkürzt. Allerdings sollten bei regelmäßigen Kontrolluntersuchungen Herz und Lunge geprüft werden, um sie bei einem eventuellen Befall frühzeitig zu behandeln.

Ihre Apotheke empfiehlt

Durch den Morbus Bechterew krümmt sich die Wirbelsäule tendenziell nach vorne. Um dies zu verhindern, müssen Sie alles unternehmen, um langfristig Ihre aufrechte Haltung zu bewahren. Die regelmäßigen Bewegungsübungen sind ein ganz wesentlicher Teil der Therapie, aber auch im Alltag gilt es, Einiges zu beachten:

Beruf. Ideal ist eine berufliche Tätigkeit, die Ihnen abwechselnd Sitzen, Stehen und Gehen ermöglicht und Ihnen erlaubt, sich mittags 10–20 Minuten lang ganz flach hinzulegen, damit sich die Wirbelsäule wieder geraderichtet. Achten Sie beim Sitzen darauf, dass das Becken nicht nach hinten kippt, suchen Sie sich Ihren geeigneten Stuhl, probieren Sie einen Sitzkeil (eventuell auch beim Autofahren). Ein Zeichenbrett, eine schräge Tischplatte oder ein verstellbarer Pultaufsatz helfen, damit Sie sich nicht ständig nach vorne beugen müssen. Falls Sie Schwierigkeiten haben, diese für Sie notwendigen Maßnahmen an Ihrem Arbeitsplatz einzuführen oder auf Unverständnis stoßen, sprechen Sie mit Ihrer Ärzt*in oder Arbeitgeber*in oder versuchen Sie z. B. mithilfe eines Ratgebers Ihre Lage zu erklären.

Schlaf. Schlafen Sie auf einer festen Matratze, sie darf auf keinen Fall durchhängen. Auf Reisen legen Sie die Matratze im Notfall auf den Fußboden. Benutzen Sie ein kleines Kopfkissen, sodass der Kopf gerade liegt und nicht in den Nacken kippt. Schlafen in der Bauchlage ist günstig, in der Seitenlage mit gekrümmtem Rücken dagegen eher ungünstig.

Sport. Die Diagnose Morbus Bechterew bedeutet kein Sportverbot. Im Gegenteil: Jede körperliche Aktivität ist gut und falls Sie eine Sportart beherrschen, bleiben Sie ruhig dabei und passen Sie sie, falls nötig, an Ihr Krankheitsstadium an. Bedenken Sie aber, dass der Sport nicht die Krankengymnastik ersetzt. Besonders geeignet sind Sportarten, bei denen Sie sich strecken müssen und keine großen Erschütterungen auftreten, aber dennoch alle Muskeln und Gelenke beansprucht werden. Empfehlenswert sind Schwimmen (um den Hals nicht zu überstrecken, schwimmen Sie eher auf dem Rücken), Skilanglauf, Wandern (mit Teleskopstöcken) und Radfahren (mit hohem Lenker und nach vorn gekipptem, weich gefedertem Sattel) sowie Volleyball.

Weiterführende Informationen

www.bechterew.de – Gute Internetseite der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew e. V., Schweinfurt: Mit Erklärungen zur Krankheitsentstehung, Diagnose und Therapie, besonders der Bewegungstherapie, Ratschlägen zur Alltagsbewältigung und Literaturtipps.

Leitlinie "Axiale Spondyloarthritis inklusive Morbus Bechterew und Frühformen" unter https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/060-003.html.

Pseudogicht

Pseudogicht (Chondrokalzinose, Gelenkverkalkung): Durch Ablagerung von Kalziumsalzkristallen ausgelöste Gelenkerkrankung, die zu Schmerzen und Gelenkzerstörung führen kann. Die akute Form ähnelt einem Gichtanfall. Betroffen sind vor allem das Kniegelenk und Fingergelenke. Bei der chronischen Form kommt es entweder in Schüben oder dauerhaft zu Schmerzen und Funktionseinschränkungen großer und kleiner Gelenke. Bei rund 1 % der Bevölkerung liegt eine Pseudogicht vor, wobei die Häufigkeit mit dem Alter stark zunimmt: 6 % der 60- bis 70-Jährigen und 30 % der über 80-Jährigen sind betroffen. Behandelt wird die Erkrankung mit physikalischen Maßnahmen und entzündungshemmenden Medikamenten. In schweren Fällen helfen Gelenkspritzen mit Kortison oder die chirurgische Entfernung der chronisch entzündeten Gelenkinnenhaut.

Hinweis: Die Pseudogicht und die Gicht unterscheiden sich durch die Ablagerungen, die in den Gelenken zur Entzündung führen. Bei der Gicht sind dies Uratkristalle, bei der Pseudogicht Kalziumsalzkristalle.

Symptome und Leitbeschwerden

·         Beim akuten Anfall: plötzlich einsetzende Schmerzen mit deutlicher Schwellung in großen Gelenken

·         Beim chronischen Verlauf: Gelenkbeschwerden mit Anlauf-, Bewegungs- und Ruheschmerz

  • Plötzlich auftretende Schmerzattacken an den Gelenken, begleitet von Schwellungen und Rötungen (akute Pseudogicht), am häufigsten betroffen ist dabei das Knie

  • Immer wieder auftretende Schmerzschübe

  • Dauerhafte Gelenkschmerzen, z. T. mit Fieber und Krankheitsgefühl (chronische Pseudogicht)

  • Möglich sind auch radiologische Zufallsbefunde bei völliger Beschwerdefreiheit.

Wann in die Arztpraxis

Demnächst, bei

  • Schmerzen in den Gelenken.

Die Erkrankung

Bei der Pseudogicht kommt es durch die Verkalkungen von Gelenken zu ähnlichen Beschwerden wie bei der "echten" Gicht. Bei Letzterer werden Harnsäurekristalle (Uratkristalle) in den Gelenken abgelagert, im Fall der Pseudogicht dagegen kristallines Kalziumsalz (Kalziumpyrophosphatdihydrat, CAPPD).

Kristallines Kalziumsalz entsteht aus Hydroxylapatit, einer Verbindung aus Kalzium und Phosphaten. Hydroxylapatit kommt im Körper häufig vor, weil es etwa 40 % der Hartsubstanz aller Knochen ausmacht und ihnen Stabilität und Festigkeit verleiht. Aus noch unklaren Gründen kommt es bei der Pseudogicht zu einer vermehrten Bildung oder einem verminderten Abbau bestimmter Knochen- und Knorpelzellen. In der Folge reichert sich das Kalziumsalz in den Gelenken an. Ab einer bestimmten Sättigung wird das Salz dann als Kristalle ausgefällt, die im Gelenk wie Schmirgelpapier wirken. Der Spiegel von Kalziumpyrophosphatdihydrat im Blut ist bei den Betroffenen nicht erhöht. Auch dies unterscheidet sich von der Gicht, die auf einem Anstieg von Harnsäure im Blut beruht.

Ursachen

Die Pseudogicht kommt in zwei Varianten vor. Bei der häufigeren primären oder idiopathischen Form lässt sich kein Auslöser erkennen, sie tritt vor allem im Alter auf. Ein Teil davon könnte auf einer angeborenen Störung beruhen. Dafür spricht, dass die Pseudogicht in manchen Familien gehäuft vorkommt.

Die sekundäre Pseudogicht entsteht im Rahmen anderer Stoffwechselerkrankungen, wie beispielsweise bei der Hämochromatose, dem Hyperparathyreoidismus, der Hypophosphatasie und sogar im Rahmen einer echten Gicht.

Sowohl bei der primären als auch bei der sekundären Form können die Anfälle durch äußere Einflüsse wie Gelenkverletzungen, Operationen und Infektionen ausgelöst werden.

Klinik

Die Gelenkentzündungen und -verkalkungen machen sich akut als schmerzende Pseudogichtanfälle bemerkbar. Häufig betroffen ist das Kniegelenk, etwas seltener Hand-, Ellenbogen-, Sprung-, Hüft- und Schultergelenk sowie die Wirbelsäule. Die Anfälle dauern Tage bis Wochen und treten oft schubweise mit beschwerdefreien Intervallen dazwischen auf.

Bei der chronischen Form kommt es zu einer dauerhaften Gelenkentzündung mit Gelenkschmerzen, ähnlich wie bei einer rheumatoiden Arthritis. Auch sie kann in Schüben aufflackern. Dann werden die Schmerzen stärker, bei manchen Patient*innen entwickeln sich vorübergehend auch Fieber und ein allgemeines Krankheitsgefühl.

Diagnosesicherung

Erfahrene Ärzt*innen können die Kalziumkristalle schon bei der Ultraschalluntersuchung des schmerzenden Gelenks ausfindig machen. Das Röntgenbild bestätigt dann die Diagnose. Darin sind die Kalkeinlagerungen im Gelenkknorpel meist gut zu sehen.

Auch mithilfe einer Gelenkpunktion lässt sich die Pseudogicht nachweisen. In der dadurch gewonnenen Flüssigkeit (dem Punktat) finden sich unter dem Mikroskop die typischen Kristalle.

Im Rahmen der Diagnose muss immer geklärt werden, ob es sich um eine primäre oder eine sekundäre Pseudogicht handelt. Um zugrundeliegende Stoffwechselerkrankungen auszuschließen, helfen vor allem Laboruntersuchungen weiter.

Differenzialdiagnosen. Am häufigsten wird die Pseudogicht mit einer echten Gicht und der rheumatoiden Arthritis verwechselt. Aber auch die Arthrose und andere rheumatische Erkrankungen wie z.B. die reaktive Arthritis können sich in ähnlicher Weise zeigen.

Behandlung

Im Unterschied zur Gicht gibt es bei der Pseudogicht keine ursächliche Behandlung, d. h. die Bildung der Kalziumkristalle im Gelenk lässt sich nicht verhindern. Stattdessen bekämpft man Entzündung und Schmerzen und versucht, eine drohende Gelenkschädigung aufzuhalten.

  • Kühlen und Schmerzmittel. Im akuten Anfall soll das Gelenk geschont und mit Umschlägen oder Kühlpacks gekühlt werden. Meist verordnet die Ärzt*in außerdem entzündungshemmende Schmerzmittel wie NSAR.

  • Kortison. Bei ausgeprägten Gelenkschmerzen spritzt die Ärzt*in auch Kortison in das betreffende Gelenk, um Schmerzen und Entzündung einzudämmen. Manchmal bekommt die Patient*in auch für einige Tage Kortison in Tablettenform verschrieben.

  • Gelenkpunktion. Ein größerer Gelenkerguss wird punktiert, um die störende Flüssigkeit daraus abzuziehen. Das Punktat lässt sich dann auch diagnostisch nutzen.

  • Colchizin. Leidet die Patient*in immer wieder unter akuten Anfällen, kann vorbeugend das klassische Gichtmedikament Colchicin versucht werden – es hilft allerdings nicht in allen Fällen. Manche Ärzt*innen verordnen auch Magnesium. Das Spurenelement soll die Häufigkeit der Schübe reduzieren.

Handelt es sich um eine sekundäre Pseudogicht, muss neben den akuten Schmerzattacken auch die zugrundeliegende Erkrankung behandelt werden.

Operative Verfahren

Chronische Verlaufsformen machen mitunter Operationen notwendig. Lässt sich die Entzündung im Gelenk gar nicht beeinflussen, kann man z. B. im Rahmen einer Gelenkspiegelung die entzündete und verkalkte Gelenkinnenhaut entfernen (Synovektomie). Bei stark angegriffenen oder zerstörten Gelenken ist auch ein Gelenkersatz, d. h. eine Gelenkprothese, zu erwägen.

Prognose

Die Prognose variiert bei der Pseudogicht sehr. Beschwerdefreie Verläufe sind ebenso möglich wie die Entwicklung von Gelenkschäden und damit einer Arthrose bei chronischem Verlauf.

Ihre Apotheke empfiehlt

Kälte. Bei akuten Schmerzen hilft Kälte – entweder als Kühlpack oder als kühlender Umschlag auf dem betroffenen Gelenk. Kühlpacks nie direkt auf die Haut legen, sondern immer in ein Tuch einschlagen. Sonst kann es zu Erfrierungen der Haut kommen.

Wärme. Im chronischen Stadium hilft es oft, das Gelenk mit Rotlicht oder einem Wärmekissen zu wärmen. Dadurch verbessert sich die Durchblutung und die Muskulatur entspannt. Nehmen die Schmerzen dabei zu, sollte die Behandlung unterbrochen werden.

Ernährung. Spezielle Ernährungsempfehlungen gibt es für die Pseudogicht nicht. Insgesamt empfehlen die Ärzt*innen, wie bei rheumatischen Erkrankungen, häufig die Mittelmeerdiät. Sie soll durch die verminderte Aufnahme von Zucker und Salz sowie Zurückhaltung bei Alkohol und tierischen Fetten antientzündlich wirken und damit die Beschwerden lindern.

Psoriasis-Arthritis

Psoriasis-Arthritis (PsA, Schuppenflechten-Arthritis, Arthritis psoriatica): Chronisch-entzündliche und in Schüben verlaufende Gelenkerkrankung, die bei etwa einem Drittel der Patient*innen mit Schuppenflechte (Psoriasis) auftritt. Betroffen sind Gelenke der Gliedmaßen und die Wirbelsäule, aber auch Sehnen und Sehnenansätze. Am häufigsten zeigt sich die rheumatische Erkrankung durch Schmerzen und Schwellungen an Händen und Füßen, oft sind morgens die Gelenke steif. Die Schuppenflechte geht in drei von vier Fällen der Arthritis um Jahre voraus, sodass bei Ausbruch der Arthritis typische Hautveränderungen vorhanden sind, welche die Diagnose erleichtern. Bei Kindern kommt es allerdings oft erst zu Gelenkbeschwerden und später zu den typischen schuppigen Hauterscheinungen. Die Arthritis wird mit antirheumatischen Wirkstoffen und Physiotherapie behandelt, die Therapie der Hauterscheinungen verläuft wie bei der "normalen" Schuppenflechte.

Symptome und Leitbeschwerden

    Gelenkschmerzen an den Händen und Füßen, vor allem in Ruhe und in den

  • frühen Morgenstunden, ausgeprägte Morgensteifigkeit
  • Besserung der Schmerzen und der Steifigkeit durch Bewegung
  • Gleichzeitige Entzündung aller Gelenke eines Fingers oder eines Zehs, dadurch Schwellung des Fingers oder Zehs zu sog. Wurstfingern oder -zehen (Daktylitis)
  • Tiefsitzende Rückenschmerzen oder Nackenschmerzen
  • Beschwerden der Schuppenflechte wie gerötete schuppige Hautstellen und gelblich fleckige oder zerbröckelnde Fingernägel
  • Allgemeinsymptome wie Erschöpfung.

Wann in die Arztpraxis

Demnächst, wenn

  • Gelenke schmerzen, anschwellen oder steif werden
  • Rücken- oder Nackenschmerzen nach Tagen nicht besser werden
  • sich schuppige Herde auf der Haut oder Veränderungen an den Fingernägeln bemerkbar machen.

Die Erkrankung

Die Psoriasis-Arthritis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der sich Zellen des Immunsystem gegen den eigenen Körper richten und dadurch Entzündungen an Gelenken und Sehnen hervorrufen. Sie tritt bei etwa 30 % der Patient*innen mit Schuppenflechte auf. Das bedeutet, dass in Deutschland etwa 700.000 Menschen davon betroffen sind. Frauen und Männer erkranken gleich häufig, meist beginnen die Beschwerden zwischen dem 35. und 50. Lebensjahr.

Auch Kinder können an einer Psoriasis-Arthritis erkranken. Bei ihnen gehört die Erkrankung in die Gruppe der juvenilen idiopathischen Arthritiden.

Warum sich eine Psoriasis-Arthritis entwickelt, ist unbekannt. Eine genetische Komponente ist wahrscheinlich, denn bei 40 % der Betroffenen leiden Familienmitglieder ebenfalls an der Erkrankung. Als Risikomarker für eine Psoriasis-Arthritis gilt HLA-B27, ein Antigen des HLA-Systems.

Vererbt wird die Erkrankung nicht, wohl aber die genetische Veranlagung dazu. Damit die Krankheit ausbricht, müssen noch weitere Auslöser hinzukommen – wie etwa eine Infektion, ein Medikament oder eine Allergie. Auch psychischer Stress und vor allem das Rauchen gelten als Risikofaktoren, die eine Psoriasis-Arthritis triggern können.

Klinik

Bei der Psoriasis-Arthritis unterscheidet man zwei Typen, wobei auch Mischformen vorkommen.

Am häufigsten ist der periphere Typ. Befallen sind dabei vor allem die kleinen Gelenke von Händen und Füßen. Es kommt zu Entzündung, Schwellung und später auch zur Zerstörung der Gelenke. Typisch für die Psoriasis-Arthritis ist der Befall in Form eines "Strahls". Dabei sind alle drei Gelenke eines Fingers oder einer Zehe betroffen. Sind zusätzlich die Gewebe zwischen den Gelenken entzündet und verdickt (Weichteilschwellung), spricht man von Wurstfingern oder Wurstzehen. Häufig sind auch Sehnen und Sehnenansätze entzündet. Im Fall der Achillessehne klagen die Patient*innen über starke Fersenschmerzen.

Beim zentralen Typ sind die Wirbelsäule und/oder große Gelenke wie das Schulter- oder Kniegelenk angegriffen. Neben Schmerzen und Funktionseinschränkungen drohen auch hier Gelenkzerstörungen. An der Wirbelsäule und dem Kreuz-Darmbein-Gelenk kann es zu Versteifungen wie beim Morbus Bechterew kommen.

Komplikationen

Eine häufige Komplikation ist die Entzündung der Augenhaut, z. B. als Bindehautentzündung (Konjunktivitis), Entzündung der Gefäßhaut (Uveitis) und der Regenbogenhaut (Iritis). Anzeichen dafür sind gerötete Augen, Juckreiz oder Schmerzen.

Seltener kommt es auch zu einer unspezifischen Entzündung der Dickdarmschleimhaut, einer sog. Kolitis. Sie kann ohne Beschwerden verlaufen, aber auch zu Durchfall oder Verstopfung, Blähungen und Bauchschmerzen führen.

Verlauf

Die Psoriasis-Arthritis ist eine chronische Erkrankung mit einem sehr variablem Verlauf. In 75 % der Fälle geht die Schuppenflechte den Gelenkentzündungen voran. Manchmal treten beide Manifestationen gemeinsam auf und in einigen Fällen kommt es auch erst zur Arthritis und die Schuppenflechte folgt. Sehr selten liegen auch die typischen Gelenkentzündungen einer Psoriasis-Arthritis vor, ohne dass der Betroffene Anzeichen einer Schuppenflechte aufweist.

Das Ausmaß der Hauterscheinungen hat nichts mit der Stärke der Gelenkentzündungen zu tun. So gibt es Fälle mit sehr ausgeprägter Arthritis, aber nur minimalen Hautschuppungen oder Nagelveränderungen. Manche Patient*innen leiden auch unter extremem Hautbefall, während ihre Gelenkentzündungen minimal sind und kaum Probleme verursachen.

Wie auch viele andere chronisch-rheumatische Erkrankungen verläuft die Psoriasis-Arthritis in Schüben. Phasen mit hoher Krankheitsaktivität, d. h. ausgeprägten entzündlichen Prozessen, Schmerzen und Schwellungen wechseln sich mit beschwerdefreien Zeiten ab.

Diagnosesicherung

Kommt es bei einer Patient*in mit Schuppenflechte zu Gelenkproblemen, ist dies ein erster Hinweis auf eine Psoriasis-Arthritis. Die Befragung ergibt, welche Gelenke schmerzen und ob sie morgens steif sind. Bei der körperlichen Untersuchung werden alle Gelenke gründlich auf Schwellungen, Schmerzen und Funktionseinschränkung geprüft. Die Anzahl der betroffenen Gelenke dokumentiert die Ärzt*in sowohl bei der Basisuntersuchung als auch bei den regelmäßigen Kontrollterminen. Sie ist Ausdruck der Krankheitsaktivität und dient dazu, den Erfolg einer Therapie nachzuweisen.

Laboruntersuchungen. Mithilfe des Labors lässt sich erkennen, ob die Entzündungswerte erhöht sind , z. B. das CRP und die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG). Spezifische Marker für die Psoriasis-Arthritis gibt es keine im Blut. Auch der Rheumafaktor wird bestimmt. Dieser ist bei der Psoriasis-Arthritis negativ. Ist er erhöht, spricht das für eine andere rheumatische Erkrankung, z. B. für die rheumatoide Arthritis. Ein weiterer Hinweis sind die HLA-Antigene: Beim zentralen Typ ist das HLA-B27 sehr häufig positiv.

Bildgebende Verfahren. Akute entzündliche Veränderungen und Gewebeschwellungen lassen sich gut mit dem Ultraschall oder der Magnetresonanztomografie nachweisen. Knöcherne Veränderungen sind im Röntgenbild oder auf CT-Aufnahmen zu erkennen. Je nach Krankheitsstadium sieht man einen bunten Auf- und Abbau von Knochengewebe, Knochenneubildungen, Verkalkungen, Gelenkspaltverschmälerungen und kleine Knochenrisse. Bei Befall der Wirbelsäule erkennt man veränderte Wirbelkörper, Knochenanbauten (Syndesmophyten) und verschmälerte Räume zwischen den Wirbeln Die Syndesmophyten können so stark ausgeprägt sein, dass sie die Wirbelkörper knöchern miteinander verbinden und dadurch die Wirbelsäule versteifen.

Schwierig ist die Diagnose einer Psoriasis-Arthritis dann, wenn sich keinerlei Hauterscheinungen finden. Das kommt vor allem bei Kindern vor. Hinweise, die in solchen Fällen auf eine Psoriasis-Arthritis hindeuten, sind z. B. eine Schuppenflechte bei nahen Verwandten oder ein oder mehrere typische "Wurstfinger", also der Befall aller drei Gelenke eines Fingers gleichzeitig. Dieses Entzündungsmuster ist bei anderen rheumatischen Erkrankungen selten. Auch diskrete Nagelveränderungen können helfen, die Erkrankung richtig einzuordnen. Manchmal wird die exakte Diagnose aber erst gestellt, wenn Jahre später die "passenden" Hauterscheinungen dazukommen.

Differenzialdiagnosen. Bei Befall von Hand- oder Fußgelenken ist die wichtigste Differenzialdiagnose die rheumatoide Arthritis. Die zentrale Form der Psoriasis-Arthritis kann leicht mit einem Morbus Bechterew verwechselt werden.

Behandlung

Schmerzen reduzieren und die Funktion der Gelenke erhalten – das sind die zentralen Behandlungsziele bei der Psoriasis-Arthritis. Die Schuppenflechte selbst wird natürlich ebenfalls behandelt (siehe dort), um das Hautbild zu verbessern. Um all dies zu erreichen, muss die chronische Entzündung im Körper eingedämmt werden. Um das optimal zu erreichen, müssen die betreuende Rheumatolog*in und die Dermatolog*in eng zusammenarbeiten.

Pharmakotherapie

Zur Bekämpfung der Gelenkentzündung kommen je nach Ausmaß der Erkrankung nichtsteroidale Antirheumatika NSAR), Kortison und krankheitsmodifizierende Medikamente (sog. DMARD) zum Einsatz.

Bei leichten bis mittelschweren Gelenkschmerzen ohne Schwellungen werden in der Regel NSAR oder Coxibe wie z. B. Diclofenac oder Etoricoxib verordnet. Auch Kortison kommt zum Einsatz, meistens als Injektion in das betroffene Gelenk.

In schwereren Fällen oder bei nachgewiesenen Gelenkveränderungen verordnen die Ärzt*innen DMARD. Sie halten nicht nur das Voranschreiten der Gelenkzerstörung auf, sondern sie bessern auch die für die Patient*innen sehr belastenden Hauterscheinungen. Begonnen wird oft mit Methotrexat. Spricht die Patient*in darauf nicht an, stehen Biologika zur Verfügung. Diese Wirkstoffe sind gegen verschiedene Botenstoffe und Immunzellen gerichtet und dämmen die Entzündung auf unterschiedliche Weise ein. Erfolgreich eingesetzt werden z. B. Tumornekrosefaktor-alpha-Blocker, Interleukin-17A-Inhibitoren oder Ustekinumab, ein Antikörper gegen Interleukin 12 und Interleukin 23. Auch eine weitere Gruppe von DMARD, die Januskinase-Inhibitoren, sowie PDE4-Hemmer können bei der Psoriasis-Arthritis eingesetzt werden.

Physiotherapie

Krankengymnastik und andere physiotherapeutische Maßnahmen (siehe "Ihre Apotheke empfiehlt") sind wichtig, um die Funktionsfähigkeit der Gelenke zu erhalten.

Operative Verfahren

Nicht alle Patient*innen sprechen zufriedenstellend auf die intensive antirheumatische Therapie an. Bei nicht kontrollierbaren Schmerzen oder starken Funktionseinschränkungen hilft die orthopädische Chirurgie weiter. Mögliche Optionen sind:

  • Synovektomie. Bei diesem Verfahren entfernt die Ärzt*in die entzündete oder wuchernde Gelenkinnenhaut ganz oder in Teilen. Dadurch werden die entzündlichen Prozesse im Gelenk reduziert und die Schmerzen gelindert. Die Synovektomie erfolgt entweder durch eine offene Operation oder im Rahmen einer Gelenkspiegelung.
  • Arthrodese. Die Gelenkversteifung ist angeraten, wenn bei stark geschädigten Gelenken die Schmerzen nicht mehr kontrollierbar sind oder das Gelenk so instabil ist, dass es nicht mehr funktioniert. Chirurgisch eingesetzte Platten und Drähte verbinden die Knochen der Gelenke, so dass diese zusammenwachsen. Dadurch wird das Gelenk versteift und ist wieder stabil – lässt sich aber nicht mehr bewegen. Vor allem kommt die Arthrodese bei geschädigten Hand- und Fußwurzelgelenken zum Einsatz.
  • Osteotomie. Führen die gelenkzerstörenden Prozesse zu bleibenden Fehlstellungen, lassen diese sich manchmal durch eine Umstellung der Knochen behandeln. Eingesetzt wird dieses Verfahren beispielsweise bei Verformungen der Vorfüße am rheumatischen Fuß.
  • Endoprothetik. Häufig ist der künstliche Ersatz eines rheumatisch stark geschädigten Gelenks sinnvoll. Hierzu gibt es je nach Einsatzort die verschiedensten Prothesen. Sie reichen von Silikongelenken am Langfinger bis zur Totalendoprothese am Knie.

Prognose

Die Psoriasis-Arthritis ist eine chronische Erkrankung mit sehr variablem Verlauf. Bei vielen Patient*innen lassen sich die Gelenkbeschwerden mit Medikamenten und Physiotherapie sehr gut kontrollieren und das Fortschreiten der Erkrankung bremsen. Ungünstig ist die Prognose, wenn schon früh viele Gelenke betroffen sind. In schweren Fällen kann es nötig werden, zerstörte Gelenke mit einer Prothese zu ersetzen.

Ihre Apotheke empfiehlt

Patient*innen mit einer Psoriasis-Arthritis können neben der regelmäßigen Einnahme der verordneten Medikamente eine Menge selbst tun, damit es ihnen besser geht.

Krankengymnastik und Funktionstraining. Ganz wichtig ist es, die in der Krankengymnastik erlernten Übungen regelmäßig zuhause durchzuführen. Viele Betroffene profitieren auch von den von der Deutschen Rheuma-Liga entwickelten Funktionstrainings. Es umfasst bewegungstherapeutische Übungen und wird sowohl im Trockenen als auch im Wasser angeboten. Funktionstraining gilt als ergänzende Leistung zur Rehabilitation, eine gewisse Anzahl von Stunden wird nach Verordnung durch die Ärzt*in von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Sind die Hände betroffen, kann tägliches Üben mit Qigong-Kugeln die Handmotorik und -durchblutung verbessern und entspannen helfen: Nehmen Sie die beiden Kugeln in eine Handfläche und lassen Sie die Kugeln mit leichten Bewegungen der Finger umeinander kreisen. Erst zehnmal im Uhrzeigersinn, dann zehnmal gegen den Uhrzeigersinn. Wiederholen Sie die Übung mit der anderen Hand.

Sport. Sport sollten die Betroffenen auf keinen Fall aufgeben. Nach Rücksprache mit der Ärzt*in dürfen selbst gelenkbelastende Sportarten ausgeübt werden, solange die Schmerzen und Beschwerden nicht zunehmen. Ansonsten eignen sich für Rheumakranke vor allem Walking, Radfahren und Schwimmen.

Kälte. Im akuten Stadium lindern Eisbeutel oder Kühlpacks Schmerzen und Gelenkschwellungen. Dazu legt man sie direkt aus dem Gefrierfach mehrmals täglich für einige Minuten auf die schmerzenden Gelenke. Die Beutel sollten dazu immer in ein Tuch eingeschlagen werden, damit die Haut keine Erfrierungsschäden davonträgt.

Kryokammern. Schmerzlindernd und entzündungshemmend soll sich auch der Aufenthalt in der sog. Eissauna oder Kältekammer auswirken. Darin herrschen zumeist Temperaturen von −110° C. Studien konnten aber bisher keinen Effekt nachweisen.

Wärme. Sind die Gelenke nicht akut entzündet, hilft auch Wärme. Ob Sauna, Vollbäder, Fango oder aufgelegte erwärmte Kirschkernsäckchen – sie alle entspannen die Muskeln, fördern die Durchblutung und bessern die Dehnbarkeit des Bindegewebes.

Reisen. Wem es in wärmeren Gefilden besser geht, kann spezielle Reiseangebote nutzen, um dem feucht-kalten Winterklima für eine Weile zu entfliehen. Tipps für einen unbeschwerten Urlaub trotz Rheuma bietet auch die Rheuma-Liga auf ihrer Webseite (Link siehe unten).

Ernährung. Am meisten profitieren Rheumakranke von einer ausgewogenen, aber fleischarmen bis fleischlosen Kost. Nützlich soll ein hoher Anteil an Fisch sein, da Omega-3-Fettsäuren eine entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben wird. Daneben sollen ebenso die Inhaltsstoffe von Kakao und Grünem Tee entzündungshemmend wirken und rheumatische Beschwerden lindern. Zucker und Salz begünstigen dagegen entzündliche Prozesse im Körper, weshalb man damit Maß halten sollte. Auch gezuckerte Limonaden und zu viel Kaffee (mehr als vier Tassen) verschlechtern Studien zufolge die rheumatoide Arthritis. Manche Betroffene profitieren von einer veganen Ernährung. Um Mangelzustände zu vermeiden, muss dabei auf die ausreichende Zufuhr von Vitaminen und Spurenelementen geachtet werden.

Weiterführende Informationen

Reaktive Arthritis

Reaktive Arthritis (postinfektiöse Arthritis): Entzündliche Gelenkerkrankung, die eine bis wenige Wochen nach einer Infektion von Harnwegen, Geschlechtsorganen, Darm oder Atemwegen auftritt. Betroffen sind meist einzelne große Gelenke von Becken und Bein auf nur einer Körperseite. Zusätzlich liegt manchmal eine begleitende Entzündung der Augenbindehaut oder der Harnröhre vor, manchmal kommt es auch zu Fieber (Urethro-okulo-synoviales Syndrom). Behandelt wird mit nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR), evtl. auch mit Kortison. Meist heilt die Erkrankung innerhalb eines Jahres aus und verursacht keine dauerhaften Gelenkschäden.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Einseitig schmerzhafte, geschwollene große Gelenke
  • Geschwollene einzelne Finger oder Zehen (Wurstzehe, Wurstfinger)
  • Schmerzen der Sehnen oder Sehnenscheiden (z. B. Achillessehne)
  • Schmerzen beim Wasserlassen
  • Schleimhautveränderungen an der Eichel
  • Schmerzen und Fremdkörpergefühl in den Augen, erhöhte Lichtempfindlichkeit.

Wann zur Arztpraxis

In den nächsten Tagen, wenn

  • oben genannte Beschwerden auftreten.

Die Erkrankung

Die reaktive Arthritis ist eine Erkrankung des jungen bis mittleren Erwachsenenalters. In Deutschland leiden etwa 50 von 100.000 Einwohner*innen daran. Bei der Sonderform, dem Urethro-okulo-synovialen Syndrom (siehe unten), sind vor allem 20- bis 40-jährige Männer betroffen.

Krankheitsentstehung

Ursache der reaktiven Arthritis ist eine Infektion, die außerhalb von den Gelenken stattgefunden hat, zum Beispiel in Darm, Geschlechtsorganen, Harn- oder Atemwegen. Die Erreger oder Erregerbestandteile gelangen dann im Anschluss über das Blut in die Gelenke. Im Fall einer Darmentzündung sind dies z. B. Shigellen, Yersinien, Salmonellen oder Campylobacter jejuni. Bei Geschlechtskrankheiten oder Harnwegsinfektionen handelt es sich vorwiegend um Chlamydien, Mykoplasmen oder Gonokokken.

Im Gelenk lösen die Erreger bzw. ihre Bestandteile eine überschießende Immunreaktion aus, sodass sich das Gelenk entzündet. Das Besondere bei dieser Entzündung ist, dass sich die Erreger im Gelenk nicht vermehren und man sie aus der Gelenkflüssigkeit nicht anzüchten kann.

Die überschießende Immunreaktion ist genetisch bedingt, wobei u. a. das auf Immunzellen sitzende Oberflächenprotein HLA-B27 eine Rolle spielt. Es ist bei etwa der Hälfte aller Patient*innen mit reaktiver Arthritis nachweisbar und gilt als Risikofaktor für einen schweren Krankheitsverlauf.

Klinik

Die reaktive Arthritis tritt meist zwei bis vier Wochen nach der auslösenden Infektion auf. Oft kommen die Gelenkschmerzen wie aus dem „Nichts“, weil der vorangegangene Infekt so leicht war, dass er gar nicht richtig bemerkt wurde. Die Gelenkschmerzen variieren individuell. In schweren Fällen schmerzen die Gelenke stark und sind überwärmt und geschwollen.

Betroffen sind meist große, Gewicht tragende Gelenke wie das Kniegelenk, Hüftgelenk oder Sprunggelenk. Der Befall von Finger- und Fußgelenken oder der Wirbelsäule ist die Ausnahme. Selten sind mehrere Gelenke beteiligt, manchmal springt die Entzündung auch von einem Gelenk auf ein anderes.

Oft schmerzen die Sehnen und die Sehnenansatzstellen. Besonders häufig ist die Ansatzstelle der Achillessehne entzündet, dann schmerzen Gehen und Stehen. Im Gegensatz zur Arthritis kann die Sehnenentzündung auch Finger und Zehen treffen und diese zum Anschwellen bringen. Dann spricht die Ärzt*in von einer Daktylitis (Wurstfinger oder Wurstzehe).

Entzündungen außerhalb von Gelenken und Sehnen

Im Verlauf der reaktiven Arthritis kommt es bei einigen Patient*innen auch zu Entzündungen außerhalb des Bewegungsapparates:

Auge. Hier sind Bindehautentzündung (Konjunktivitis) und Hornhautentzündung (Keratitis) typisch, aber auch die Regenbogenhaut kann sich entzünden (Iritis). Bemerkbar macht sich eine Augenbeteiligung mit Lichtscheu, Augenjucken, geröteten Augen und Sehstörungen.

Haut. An Hand- und Fußsohlen kommt es zu verstärkter Verhornung, die an eine Schuppenflechte erinnert. Manchmal entwickelt sich auch ein Erythema nodosum mit schmerzenden rot-bläulichen Knötchen an Sprunggelenken und Unterschenkeln. Bei Männern ist die Eichel oft von schuppenden Hautveränderungen betroffen.

Harnwege und Geschlechtsorgane. Typisch sind zudem begleitende Entzündungen von Harnwegen (Urethritis), Gebärmutterhals (Zervizitis) und Prostata (Prostatitis). Sie äußern sich mit Ausfluss sowie Schmerzen beim Wasserlassen oder beim Geschlechtsverkehr.

Urethro-okulo-synoviales Syndrom. Eine Sonderform oder auch das "Vollbild" der reaktiven Arthritis ist die Kombination aus Harnröhrenentzündung (Urethritis), Bindehautentzündung und Gelenkentzündung (Synovitis = Entzündung der Gelenkinnenschicht). Das Vollbild manifestiert sich bei etwa einem Drittel der Betroffenen, vor allem bei jungen Männern.

Verlauf

Im Durchschnitt dauert die Erkrankung sechs Monate. Manche Patient*innen entwickeln allerdings auch eine chronische Arthritis oder leiden auch später noch unter wiederkehrenden Sehnenproblemen. Am größten ist das Risiko bei denjenigen, die an dem Vollbild der Erkrankung leiden und Träger von HLA-B27 sind.

Diagnosesicherung

Beim Verdacht auf eine reaktive Arthritis fragt die Ärzt*in zunächst nach vorangegangenen Infekten. Mithilfe von Urin- und Stuhlproben oder Abstrichen aus Harnröhre und Gebärmutterhals versucht man, den Erreger zu identifizieren. Oft liegt der Infekt jedoch schon so lange zurück, dass sich der Auslöser selbst nicht mehr nachweisen lässt. Dann können jedoch die vom Körper gebildeten Antikörper im Blut Hinweise auf die zugrundeliegende Infektion geben.

Blutsenkungsgeschwindigkeit, Blutbild und der Entzündungswert CRP sowie der Test auf HLA-B27 runden die Laboruntersuchungen ab. Das Ausmaß der Gelenkentzündung prüft die Ärzt*in anhand von Ultraschall und Röntgen. In der Frühphase ist auch das MRT hilfreich.

Manchmal wird das betroffene Gelenk punktiert. Im Falle eines Gelenkergusses lindert das Ablassen der Flüssigkeit die Schmerzen. Außerdem untersucht man das Punktat auf entzündliche Zellen. Die Punktion kann auch wichtig sein, um eine septische (eitrige) Arthritis auszuschließen: In diesem Fall lassen sich im Punktat die Erreger nachweisen.

Bei Verdacht auf begleitende Infektionen ist z. B. eine urologische, gynäkologische bzw. augenärztliche Untersuchung angezeigt.

Differenzialdiagnosen. Prinzipiell müssen alle Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises ausgeschlossen werden. Dazu gehören vor allem die Psoriasisarthritis und die rheumatoide Arthritis. Weitere wichtige Differenzialdiagnosen sind die septische Arthritis und die aktivierte Arthrose.

Behandlung

Antientzündliche Therapie. Oft reichen zur Behandlung der Gelenkbeschwerden nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen aus. Sie lindern die Schmerzen und wirken gegen die Entzündung. Bei schweren Verläufen muss manchmal auch Kortison gegeben werden. In seltenen Fällen entwickelt sich eine chronische Arthritis, d. h. die Beschwerden halten über Monate an. Dann verordnen die Ärzt*innen antirheumatische Wirkstoffe wie Sulfasalazin oder Methotrexat.

Antibiotika. Wurde der auslösende Erreger gefunden, erhalten die Betroffenen kurzzeitig ein Antibiotikum. Die Antibiose hilft zwar nicht gegen die Arthritis, beseitigt aber die auslösenden Bakterien und damit die zugrundeliegende Darm- oder Harnwegsinfektion.

Eine Augenbeteiligung erfordert die unverzügliche Kontrolle und Therapie durch die Augenärzt*in. Vor allem bei Entzündung der Regenbogenhaut drohen bleibende Sehstörungen. Meist wird Kortison in Form von Augentropfen, manchmal auch systemisch als Tabletten verordnet.

Prognose

Je weniger Symptome die Patient*innen zeigen, desto günstiger ist die Prognose. In der Mehrzahl der Fälle heilt die reaktive Arthritis folgenlos aus. Etwa 20 % der Patient*innen leiden allerdings unter wiederkehrenden Beschwerden oder entwickeln eine chronische Arthritis.

Ihre Apotheke empfiehlt

Physiotherapie

Die Kältetherapie mit Kryopacks lindert Schmerzen und reduziert Entzündungen und Schwellungen.

Durch gezielte manuelle Therapie kann die Physiotherapeut*in die Beweglichkeit von stark betroffenen Gelenken verbessern.

Auch spezielle Bewegungsübungen der Krankengymnastik erhalten oder steigern die Beweglichkeit der Gelenke.

Muskelkräftigungsübungen stärken die umliegende Muskulatur und verbessern die Stabilität und die Funktion der Gelenke.

Prävention

Einige Erreger wie Chlamydien oder Gonokokken werden durch sexuelle Kontakte übertragen. Sie können nach einer Infektion der Geschlechtsorgane oder der Harnwege zu einer reaktiven Arthritis führen. Mit Kondomen lässt sich sowohl den urogenitalen Infektionen als auch einer nachfolgenden reaktiven Arthritis vorbeugen.

Weiterführende Informationen

Informationen zu Chlamydieninfektionen finden sich auf der Webseite des Robert Koch-Instituts.

Rheumatoide Arthritis

Rheumatoide Arthritis (RA, [primär] chronische Polyarthritis, cP, PCP, "Rheuma"): Chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, die vor allem die Gelenke befällt, sich aber auch auf Augen, Gefäße und innere Organe ausbreiten kann. 1 % der Bevölkerung ist betroffen, Frauen dreimal so häufig wie Männer. Meist tritt die Erkrankung jenseits des 50. Lebensjahres auf. Sie verläuft in Schüben, typische Beschwerden sind Schmerzen und Schwellungen in den Finger- oder Zehengelenken sowie Morgensteifigkeit. Die rheumatoide Arthritis schränkt die Lebensqualität häufig stark ein, es drohen Schwerbehinderung und Berufsunfähigkeit. Außerdem kann sie die Lebenserwartung verringern. Die Prognose ist abhängig von einer frühzeitigen adäquaten Therapie.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Vorübergehende Gelenkschmerzen und Gelenkschwellungen in Händen oder Füßen, fast immer symmetrisch
  • Überwärmung und Rötung der betroffenen Gelenke
  • Morgensteifigkeit der Gelenke
  • Druckschmerz aller Fingergrundgelenke beim Händedruck (Begrüßungsschmerz)
  • Kraftlosigkeit der Hände
  • Allgemeines Krankheitsgefühl: Müdigkeit, Gewichtsverlust, leichtes Fieber.

Im Vollbild zusätzlich:

  • Verschiedene Handdeformitäten durch Gelenkzerstörungen
  • Gummiartige Knoten an den Streckseiten der Gelenke (selten)
  • Kurzatmigkeit durch Rippenfellentzündung und Herzbeutelentzündung
  • Hautdefekte vor allem an Unterschenkeln und Fußrücken
  • Augenschmerzen durch Lederhautentzündung
  • Trockenheit von Mund und Augen (Sicca-Symptome).

Wann in die Arztpraxis

In den nächsten Tagen, wenn

  • es regelmäßig zu Schwellungen und Schmerzen in Hand- oder Fußgelenken kommt
  • sich die Gelenke morgens länger als eine Stunde steif anfühlen.

Hinweis: Je früher die Therapie einer rheumatoiden Arthritis beginnt, desto besser ist die Prognose.

Die Erkrankung

Die rheumatoide Arthritis ist eine chronische Autoimmunerkrankung, deren Entstehung noch nicht völlig geklärt ist. Eine Theorie besagt, dass bei einem Infekt (z. B. der Atemwege oder des Darms) Viren über das Blut in die Gelenke gelangen. Dort kommt es zunächst zu einer ganz normalen Entzündung, die der Körper in der Regel erfolgreich und unbemerkt eindämmt.

Bei manchen Menschen wird durch diese Gelenkentzündung jedoch (fälschlicherweise) eine Autoimmunreaktion angestoßen. Dabei greift der Körper sein eigenes Gewebe an. Im betroffenen Gelenk beschädigen diese chronischen Prozesse den Knorpel und zerstören ihn schließlich. Der Knochen darunter reagiert mit An- und Abbauten, wodurch sich die Gelenkfunktion weiter verschlechtert. In vielen Fällen kommt es auch im restlichen Körper zu Autoimmunprozessen (siehe unten, Organkomplikationen).

Warum manche Menschen eine solche Autoimmunreaktion entwickeln, wird noch diskutiert. Weil autoimmune Erkrankungen oft familiär gehäuft auftreten, ist eine genetische Veranlagung wahrscheinlich. Aber auch Umweltfaktoren spielen eine große Rolle. So zählen sowohl das Rauchen, aber auch Übergewicht zu den Risikofaktoren. Generell sind zudem Frauen häufiger von einer rheumatoiden Arthritis betroffen als Männer.

Klinik und Verlauf

Meistens beginnt die Entzündung mit Schmerzen und Schwellungen an den Fingergrundgelenken beider Hände, manchmal auch an den Zehengrundgelenken. Bei älteren Menschen kann sich die Erkrankung auch mit dem Befall eines großen Gelenks bemerkbar machen, z. B. mit Schmerzen und Funktionseinschränkungen am Knie oder an der Schulter.

Die Erkrankung verläuft schubförmig, wobei ein solcher Schub unbehandelt meist Wochen bis Monate dauert. Im Verlauf der Schübe befallen die autoimmunen Entzündungsprozesse dann weitere Gelenke, so zum Beispiel Knie-, Hand-, Sprung-, Schulter-, Ellenbogen-, Hüftgelenke und sogar die Halswirbelsäule.

Mit der Zeit verformen sich die Gelenke, versteifen und verlieren ihre Funktion. Unbehandelt oder bei besonders schweren Verläufen drohen deswegen:

  • Rheumahand: Bei der Schwanenhalsdeformität ist das Fingermittelgelenk überstreckt und das Fingerendgelenk gebeugt. Die gegensätzliche Versteifung ist die Knopflochdeformität, bei der das Fingermittelgelenk gebeugt und das Endgelenk gestreckt ist. Der Rheumadaumen lässt sich im Grundgelenk nicht mehr strecken und ist im Endgelenk überstreckt. Insgesamt weichen die Finger der Hand häufig nach außen ab (von oben betrachtet).
  • Rheumafuß: Am Fuß drohen durch schwere rheumatische Veränderungen Knickplattfuß, Hallux valgus, Hammer- oder Krallenzehen.
  • Halswirbelsäule: Sehr selten können sich durch destruktive Prozesse die beiden ersten Wirbel so verschieben und verkeilen, dass es zu einem Querschnittssyndrom kommt.

Rheumaknoten

Bei etwa 20 bis 25 % der Patient*innen bilden sich kleine gummiartige Knoten (Rheumaknoten) unter der Haut, vor allem am Ellbogen, den Unterarmen oder den Fingergelenken. Auch an inneren Organen wie Lunge und Herz sowie an Stimmbändern, Aorta und in der harten Hirnhaut können sie auftauchen. Diese Knoten werden auch Granulome genannt. Sie bestehen aus Abwehrzellen des Immunsystems und ordnen sich auf eine typische Weise an. Generell gelten Rheumaknoten als Zeichen für einen schwereren Verlauf der Erkrankung.

Organkomplikationen

Der chronische autoimmune Prozess macht auch vor Bereichen außerhalb von Knochen und Gelenken nicht halt:

  • Bei der Hälfte aller Betroffenen ist die Lunge involviert. Es kommt zu schmerzhaften Rippenfellentzündungen und später zum Befall des Lungengewebes. Dabei vermehrt sich das Bindegewebe (Lungenfibrose), was zu trockenem Husten und immer stärkerer Atemnot führt.
  • Fast ein Drittel der Rheumapatient*innen entwickelt eine Entzündung von Herzbeutel oder Herzmuskel (Perikarditis und Myokarditis). Sie machen sich durch Herzstolpern, Kurzatmigkeit, Schwäche oder Schmerzen hinter dem Brustbein bemerkbar.
  • Gefäßentzündungen kommen ebenso vor, typische Folgen sind das Raynaud-Syndrom, die Störung der Hautdurchblutung, z. B. als Livedo reticularis oder das Absterben der Fingerkuppen (Fingerkuppennekrosen).
  • Auch Augenprobleme sind häufig bei rheumatoider Arthritis. Etwa 30 % der Betroffenen leidet unter trockenen Augen (Keratokonjunktivits sicca), es drohen zudem Entzündungen der Lederhaut, also der äußeren Umhüllung des Augapfels (Skleritis und Episkleritis).

Diagnosesicherung

Die Diagnose der rheumatoiden Arthritis fußt auf vier Säulen: der Krankengeschichte mitsamt den akuten Beschwerden der Patient*in, der klinischen Untersuchung durch die Ärzt*in, bildgebenden Verfahren und dem Labor.

Krankengeschichte. Hierzu fragt die Ärzt*in z. B., wie lange Schwellungen und Schmerzen schon bestehen und ob die Funktion der Gelenke eingeschränkt ist. Auch die Angabe der Morgensteifigkeit ist ein wichtiger Hinweis.

Klinische Untersuchung. Bei der körperlichen Untersuchung achtet die Ärzt*in darauf, welche und wie viele Gelenke gerötet, überwärmt oder geschwollen sind und/oder auf Druck hin schmerzen. Außerdem prüft sie die Beweglichkeit der Gelenke und der Wirbelsäule. Alle Befunde werden genau dokumentiert. Zusammen mit anderen Faktoren (Blutwerten, Röntgenbefund) kann man daraus einen Punktescore berechnen, der sowohl zur Diagnose als auch zur Verlaufsbehandlung unter Therapie wichtig ist.

Bildgebende Verfahren. Mithilfe des Ultraschalls weist die erfahrene Ärzt*in Entzündungen und Flüssigkeitsansammlungen in den kleinen Gelenken nach. Als weitere bildgebende Verfahren sind die Röntgenuntersuchung, die Magnetresonanztomografie (MRT) und die Computertomografie hilfreich. Sie beantworten je nach Methode unterschiedliche Fragen. Im Röntgen erkennt man fortgeschrittene Schäden am Knochen, z. B. Knochenanbauten (Osteophyten) und die Verschmälerung des Gelenkspalts. Die MRT zeigt hingegen Schäden an den bindegewebigen Strukturen wie den Sehnen oder der Gelenkkapsel.

Labor. Einen hohen Stellenwert bei der Diagnose der rheumatoiden Arthritis haben Blutuntersuchungen. Durch die entzündlichen Vorgänge sind die Entzündungswerte CRP und BSG erhöht, häufig kommt es zu einer Blutarmut (Anämie). Besonders wichtig sind spezielle Antikörper, die der Körper im Rahmen der Erkrankung gegen seine eigenen Strukturen bildet (also Auto-Antikörper). Diese Antikörper helfen sowohl bei der Diagnose als auch bei der Kontrolle, ob die Therapie anschlägt. Zu beachten ist allerdings, dass alle diese Antikörper auch bei anderen rheumatischen Erkrankungen auftreten können und manchmal auch bei Gesunden vorhanden sind. Wichtig zur Beurteilung ist deshalb die Gesamtschau, d. h. die Verbindung der Laborwerte mit den klinisch erhobenen und bildgebenden Befunden. Zu den wichtigsten Antikörpern gehören:

  • Rheumafaktor. Dies ist ein Antikörper gegen körpereigene Immunglobuline. Der Rheumafaktor ist zu Beginn der Erkrankung bei etwa jeder zweiten Patient*in mit rheumatoider Arthritis positiv, im weiteren Verlauf bei bis zu 80 %. Allerdings kommt der Rheumafaktor auch bei 5 % der gesunden Menschen vor.
  • ACPA- oder CCP-Antikörper. Dieser Autoantikörper ist gegen einen Eiweißrest in der Gelenkinnenhaut gerichtet. Er gilt als aussagekräftiger für die rheumatoide Arthritis als der Rheumafaktor. Man findet ACPA-Antikörper bei 75 % der Betroffenen, sehr häufig lassen sie sich schon lange vor Ausbruch der Erkrankung im Blut nachweisen.
  • Antinukleäre Antikörper. Sie richten sich gegen Bestandteile des Zellkerns und sind bei etwa 30 % der Patient*innen mit rheumatoider Arthritis vorhanden.

Nicht alle Erkrankten weisen Antikörper auf. In diesem Fall sprechen die Ärzt*innen von einer seronegativen rheumatoiden Arthritis, d. h. von einer rheumatoiden Arthritis ohne Antikörper. Inzwischen mehren sich allerdings die Hinweise, dass auch diese Patient*innen (bisher unbekannte) Antikörper in ihrem Blut haben. Einige davon wurden in den letzten Jahren gefunden und werden momentan intensiv erforscht.

Genetische Untersuchung. In unklaren Fällen lässt die Ärzt*in manchmal auch die Oberflächenantigene des HLA-Systems bestimmen. HLA, d. h. humane Leukozyten-Antigene, sind Strukturen auf der Zelloberfläche, die eine Rolle bei der Unterscheidung zwischen körpereigenen und körperfremden Strukturen spielen. So haben Menschen mit HLA-B27 ein erhöhtes Risiko für rheumatische Erkrankungen. HLA-B27 ist allerdings auch bei zahlreichen anderen entzündlichen Erkrankungen erhöht. Sein Nachweis bedeutet deshalb nur ein Puzzleteil im Gesamtbild bei der Diagnose.

Kriterien für eine definitive Diagnose

Um die rheumatoide Arthritis so früh wie möglich zu erkennen, hat die Europäische Rheumaliga EULAR (European League against Rheumatism) einen Kriterienkatalog erarbeitet. Den einzelnen Kriterien ist jeweils ein bestimmter Punktewert (siehe Klammern) zugeordnet. Ergibt sich in der Summe eine Punktzahl von größer als 6, so liegt gemäß des Katalogs eine definitive rheumatoide Arthritis vor.

Kategorie A – Gelenkbeteiligung

  • ein großes Gelenk (0)
  • 2–10 große Gelenke (1)
  • 1–3 kleine Gelenke mit oder ohne Beteiligung großer Gelenke (2)
  • 4–10 kleine Gelenke mit oder ohne Beteiligung großer Gelenke (5).

Kategorie B – Serologie (Blutwerte, mindestens ein Testergebnis wird für die Klassifikation benötigt)

  • negativer Rheumafaktor und negativer ACPA (0)
  • niedrig positiver Rheumafaktor oder niedrig positiver ACPA (2)
  • hoch positiver Rheumafaktor oder hoch positiver ACPA (3).

Kategorie C – Akute-Phase-Reaktion (Entzündungsmarker, mindestens ein Testergebnis wird für die Klassifikation benötigt)

  • normales CRP und normale BSG (0)
  • erhöhtes CRP oder beschleunigte BSG (1).

Kategorie D – Dauer der Symptome

  • ≤ 6 Wochen (0)
  • ≥ 6 Wochen (1).

Scores zur Beurteilung der Krankheitsaktivität

Um zu prüfen, wie gut eine Rheumatherapie anschlägt, gibt es verschiedene Verlaufscores. In diese fließen sowohl die Befunde der regelmäßigen klinischen Kontrolluntersuchungen ein als auch die Beurteilung der Krankheitsaktivität durch die Patient*in selbst. Ein häufig genutzter Score ist der DAS28. Er beinhaltet

  • Anzahl der geschwollenen Gelenke
  • Anzahl der schmerzhaften Gelenke
  • BSG (mmHg) oder CRP (mg/l)
  • Patientenurteil zur Krankheitsaktivität auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 10 die stärkst mögliche Aktivität bedeutet.
  • Aus diesen Werten wird mithilfe einer Formel der DAS28 errechnet. Bei einer Punktzahl von 0 bis 3,2 liegt eine fehlende bis geringe Krankheitsaktivität vor. Ein DAS28 unter 3,2 ist damit das Therapieziel bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Werte über 3,2 bis 5,1 weisen auf eine mittlere, Werte über 5,1 auf eine hohe Krankheitsaktivität hin.

Differenzialdiagnosen. Schmerzhafte und geschwollene Gelenke finden sich bei vielen anderen Erkrankungen. Dazu gehören vor allem die Arthrose, infektiöse Gelenkentzündungen und Stoffwechselerkrankungen wie die Hämochromatose oder die Gicht. Ein sehr ähnliches Bild wie die rheumatoide Arthritis zeigen auch die Psoriasis-Arthritis oder Bindegewebserkrankungen (Kollagenosen, Vaskulitiden).

Therapie

Die Therapie zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern, die Entzündungsreaktionen und damit die Schäden an den Gelenken zu stoppen und ihre Beweglichkeit zu erhalten. Die Rheumatolog*in muss dabei die individuell richtige Balance finden zwischen ausreichend intensiver Therapie und einer möglichst geringen Belastung durch Arzneimittelnebenwirkungen und andere Einschränkungen. Gerade in der Anfangszeit sollte aber eher früh und intensiv therapiert werden. Denn in den ersten zwei Jahren der Erkrankung drohen die schlimmsten Gelenkschäden.

Entscheidend ist, dass die Therapie immer der Krankheitsaktivität angepasst wird. Kommt es zu einem Schub, wird die Therapie verstärkt (eskaliert). Ruht die Krankheitsaktivität über einen längeren Zeitraum, werden die Medikamente reduziert oder ausgeschlichen.

Akute Therapie

Im akuten Stadium verordnen die Ärzt*innen meist Kortison (Glukokortikoide) in Tablettenform. Ist ein Gelenk besonders stark betroffen, kann das Kortison auch direkt in das Gelenk gespritzt werden. Es wirkt dort stark antientzündlich und reduziert damit die Schmerzen. Aufgrund seiner vielen möglichen Nebenwirkungen soll Kortison jedoch nicht über einen längeren Zeitraum gegeben werden, vor allem nicht in Dosierungen über 5 mg/Tag.

Bei starken Schmerzen ist manchmal zusätzlich die (kurzfristige) Gabe von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR, z. B. Ibuprofen oder Coxibe) erforderlich. In diesen Fällen ist es wichtig, zum Schutz vor Magengeschwüren gleichzeitig einen Protonenpumpenhemmer einzunehmen.

Langfristige Therapie

Steht die Diagnose rheumatoide Arthritis, muss die Patient*in so schnell wie möglich ein krankheitsmodifizierendes Medikament (disease modifying antirheumatic drug, DMARD) einnehmen. Diese Wirkstoffe beeinflussen die zerstörerischen Prozesse an den Gelenken. Sie heilen die chronische Erkrankung zwar nicht, bremsen aber das Fortschreiten. Je früher man sie erhält, desto besser ist die Prognose. Ihre Wirkung setzt allerdings erst nach einigen Wochen bis Monaten ein. Bis dahin hält die gleichzeitige Kortisongabe die Entzündung in Schach.

Zur krankheitsmodifizierenden Behandlung stehen verschiedene Substanzen zur Verfügung. Sie lassen sich in drei Gruppen einteilen.

  • konventionelle synthetische DMARD (csDMARD): Dazu gehören Methotrexat, Leflunomid und Sulfasalazin. Methotrexat unterdrückt beispielsweise die autoimmune Entzündung, indem es die Aktivierung von Folsäure und damit die Zellteilung der Immunzellen hemmt.
  • biologische DMARD (bDMARD): Dabei handelt es sich um biotechnologisch hergestellte Antikörper, die entzündungsfördernde Botenstoffe abfangen oder direkt gegen Immunzellen gerichtet sind. Zu diesen Wirkstoffen gehören z. B. Adalimumab und Infliximab. Weil es sich dabei um Eiweiße handelt, die im Magen verdaut werden, muss man sie spritzen – in den meisten Fällen subkutan unter die Haut.
  • zielgerichtete (targeted) synthetische DMARD (tsDMARD): Sie wirken in der Zelle. Dort hemmen sie entzündungsfördernde Signalwege und bremsen dadurch die zerstörerischen Prozesse. In der Therapie der rheumatoiden Arthritis werden aus dieser Gruppe Januskinase-Inhibitoren wie Baricitinib oder Tofacitinib eingesetzt. Zielgerichtete DMARD können als Tabletten eingenommen werden.

Die Behandlung erfolgt nach den Empfehlungen der EULAR und der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie in Stufen. In der ersten Phase (also sofort nach der Diagnose) wird Methotrexat empfohlen, je nach Ausmaß der Beschwerden (und zur Überbrückung bis zum Wirkeintritt des DMARD) in Kombination mit Kortison. Wer Methotrexat nicht verträgt, kann Leflunomid oder Sulfasalazin einnehmen. Das Behandlungsziel ist die Remission, d. h. das Ruhen der Krankheitsaktivität. Bei gutem Ansprechen führt man die Therapie mit dem csDMARD weiter. Gleichzeitig verabreichtes Kortison sollte man möglichst reduzieren.

Stellt sich innerhalb von sechs Monaten keine Remission ein oder zeigt sich nach insgesamt dreimonatiger Behandlung keinerlei Besserung, verstärkt (eskaliert) man die Therapie. Hier gibt es verschiedene Optionen, die sich nach dem Ausmaß der Erkrankung richten. So können konventionelle DMARD zunächst ausgetauscht oder miteinander kombiniert werden. Bei Erfolglosigkeit kommen biologische DMARD oder Januskinase-Inhibitoren zum Einsatz, oft kombiniert miteinander oder zusammen mit Kortison.

Unerwünschte Nebenwirkungen der antirheumatischen Therapie

DMARD sind hochwirksame Substanzen, die je nach ihren Ansatzpunkten auch unterschiedliche unerwünschte Wirkungen auslösen. Diese reichen von gastrointestinalen Beschwerden, Hautausschlag oder allergischen Reaktionen bis hin zu Leber-, Lungen- oder Nierenschäden. Manchmal kommt es auch zu einer Knochenmarksdepression, d. h. es bilden sich zu wenige weiße und/oder rote Blutkörperchen.

Sehr häufig haben Patient*innen unter DMARD-Therapie auch ein erhöhtes Infektionsrisiko. Deshalb ist es wichtig, an alle empfohlenen und verträglichen Basisimpfungen zu denken. Weil das Risiko für die Reaktivierung eines Herpes zoster bei einigen DMARD sehr hoch ist, sollte vor Aufnahme der Therapie unbedingt dagegen geimpft werden.

Nicht-medikamentöse Behandlung

Die Physiotherapie hat einen hohen Stellenwert in der Behandlung der rheumatoiden Arthritis. Vor allem krankengymnastische Übungen sind unerlässlich zum Erhalt der Gelenkfunktion. Außerdem bessern sie Kraft und Koordination und helfen dabei, die Gelenkbeweglichkeit zu erweitern.

Physikalische Therapien wie Massage, Wärme- und Kältetherapien fördern den Stoffwechsel und die Durchblutung im Gelenk und werden begleitend empfohlen. Die aktive (Kranken-)Gymnastik können sie jedoch nicht ersetzen.

Diverse Hilfsmittel (siehe "Ihr Apotheker empfiehlt") können von der Ärzt*in verordnet werden. Sie erleichtern den Alltag und ermöglichen es der Rheumapatient*in, auch im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung so weit wie möglich selbstständig zu sein.

Operative Verfahren

Nicht alle Patient*innen sprechen zufriedenstellend auf die intensiven antirheumatischen Therapien an. Bei nicht kontrollierbaren Schmerzen oder starken Funktionseinschränkungen hilft die orthopädische Chirurgie weiter. Mögliche Optionen sind

  • Synovektomie. Bei diesem Verfahren entfernt die Ärzt*in die entzündete oder wuchernde Gelenkinnenhaut ganz oder in Teilen. Dadurch werden die entzündlichen Prozesse im Gelenk reduziert und die Schmerzen gelindert. Die Synovektomie erfolgt entweder durch eine offene Operation oder im Rahmen einer Gelenkspiegelung.
  • Arthrodese. Die Gelenkversteifung ist angeraten, wenn bei stark geschädigten Gelenken die Schmerzen nicht mehr kontrollierbar sind oder das Gelenk so instabil ist, dass es nicht mehr funktioniert. Chirurgisch eingesetzte Platten und Drähte verbinden die Knochen der Gelenke, sodass diese zusammenwachsen. Dadurch wird das Gelenk versteift und ist wieder stabil – lässt sich aber nicht mehr bewegen. Vor allem kommt die Arthrodese bei geschädigten Hand- und Fußwurzelgelenken zum Einsatz.
  • Osteotomie. Führen die gelenkzerstörenden Prozesse zu bleibenden Fehlstellungen, lassen diese sich manchmal durch eine Umstellung der Knochen behandeln. Eingesetzt wird dieses Verfahren beispielsweise bei Verformungen der Vorfüße am rheumatischen Fuß.
  • Endoprothetik. Häufig ist der künstliche Ersatz eines rheumatisch stark geschädigten Gelenks sinnvoll. Hierzu gibt es je nach Einsatzort die verschiedensten Prothesen. Sie reichen von Silikongelenken am Langfinger bis zur Totalendoprothese am Hüftgelenk.

Prognose

Die Prognose der rheumatoiden Arthritis ist individuell sehr unterschiedlich. Bei bis zu 30 % der Betroffenen verläuft die Erkrankung mild und stabil. Durch die modernen therapeutischen Möglichkeiten lassen sich auch schwere Verläufe recht gut kontrollieren. Im Allgemeinen gilt es, so früh wie möglich mit der Therapie anzufangen: Beginnt die Behandlung mit DMARD innerhalb von sechs Monaten nach Erkrankungsausbruch, halbiert sich das Risiko für bleibende Gelenkschäden.

Patient*innen mit schlechter Prognose haben eine im Vergleich zu Nicht-Betroffenen verringerte Lebenserwartung. Für einen schweren Verlauf sprechen hohe Blutwerte von CRP, BSG, CCP-Antikörpern und Rheumafaktor sowie der Beginn der Erkrankung nach dem 60. Lebensjahr.

Ihr Apotheker empfiehlt

Was Sie selbst tun können

Vielen Patient*innen fällt es schwer, die richtige Balance zu finden zwischen dem notwendigen Engagement für Krankengymnastik und anderen Behandlungen und dem Wunsch, weiterhin ein normales Leben zu führen und sich von der Krankheit nicht vereinnahmen zu lassen. Neben den Schmerzen belasten im Alltag vor allem die geringe Greifkraft und die eingeschränkte Beweglichkeit. Jede Betroffene muss ihren eigenen Weg finden, der Austausch in Selbsthilfegruppen kann dabei helfen.

Ernährung. Am meisten profitieren Rheumakranke von einer ausgewogenen, aber fleischarmen bis fleischlosen Kost. Nützlich soll ein hoher Anteil an Fisch sein, da Omega-3-Fettsäuren eine entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben wird. Daneben sollen ebenso die Inhaltsstoffe von Kakao und grünem Tee entzündungshemmend wirken und rheumatische Beschwerden lindern. Zucker und Salz begünstigen dagegen entzündliche Prozesse im Körper, weshalb man damit Maß halten sollte. Auch gezuckerte Limonaden und zu viel Kaffee (mehr als vier Tassen) verschlechtern Studien zufolge die rheumatoide Arthritis. Manche Betroffene profitieren von einer veganen Ernährung. Um Mangelzustände zu vermeiden, muss dabei auf die ausreichende Zufuhr von Vitaminen und Spurenelementen geachtet werden.

Kälte. Im akuten Stadium lindern Eisbeutel oder Kühlpacks Schmerzen und Gelenkschwellungen. Dazu legt man sie direkt aus dem Gefrierfach mehrmals täglich für einige Minuten auf die schmerzenden Gelenke. Die Beutel sollten dazu immer in ein Tuch eingeschlagen werden, damit die Haut keine Erfrierungsschäden davonträgt.

Gymnastik und Handmotorik. Krankengymnastik muss sein, denn nur so lassen sich Kontrakturen verhindern und Muskeln erhalten und kräftigen. Das verlangt viel Selbstdisziplin und ist leider auch zeitintensiv.

Viele Arthritis-Patient*innen finden krankengymnastische Übungen im Wasser angenehm – probieren Sie aus, welche Übungen aus Ihrem Bewegungsprogramm Ihnen im Wasser mehr Spaß machen oder leichter fallen. Für die meisten ist "Aqua-Fitness" übrigens besser als Schwimmen: Vor allem Brustschwimmen belastet den Rücken und die Gelenke.

Tägliches Üben mit Qigong-Kugeln kann die Handmotorik und -durchblutung verbessern und entspannen helfen: Nehmen Sie die beiden Kugeln in eine Handfläche und lassen Sie die Kugeln mit leichten Bewegungen der Finger umeinanderkreisen. Erst zehnmal im Uhrzeigersinn, dann zehnmal gegen den Uhrzeigersinn. Wiederholen Sie die Übung mit der anderen Hand.

Hobbys. Hobbys und Sport sollten Sie auf keinen Fall aufgeben. Selbst gelenkbelastende Sportarten dürfen ausgeübt werden, solange die Schmerzen und Beschwerden nicht zunehmen. Ansonsten eignen sich für Rheumakranke vor allem Walking, Radfahren und Schwimmen. Auch gibt es spezielle Reiseangebote, z. B. um dem feucht-kalten Winterklima für eine Weile zu entfliehen.

Waschen und Ankleiden. Gerade morgens, wenn Waschen, Anziehen, Zähneputzen und Frisur anstehen und es außerdem schnell gehen soll, sind Steifigkeit und Schmerzen am stärksten. Soweit möglich, sollten Sie deshalb morgens keine Termine wahrnehmen. Wenn Sie Medikamente – besonders Kortison – schon vor dem Aufstehen einnehmen, wirkt es schon beim "Morgenritual".

Sturzprophylaxe. Stürze sind für Rheumakranke besonders gefährlich, weil Knochenbrüche nur schlecht heilen. Sie passieren zudem viel leichter, weil Fallreflexe und Abwehrbewegungen, verlangsamt ablaufen. Sturzprophylaxe beinhaltet, die Wohnung sturzsicher zu machen (bzw. in eine solche umzuziehen), und sollte deshalb frühzeitig in Angriff genommen werden. Dazu gehören rutschfeste und griffige Böden, sicher verlegte Kabel, keine Stolperkanten und ausreichend Haltegriffe an den Wänden, vor allem im Bad und im Treppenhaus. Gehstöcke sollten immer an festen Plätzen in sinnvollen Haltevorrichtungen griffbereit sein.

Beruf. Rheumapatient*innen werden häufig zu Frührentner*innen (gemacht) und die Verrentung, egal ob von Arbeitgeber*in angetragen oder selbst angestrengt, ist immer eine einschneidende Lebensumstellung. Bevor Sie jedoch den Job an den Nagel hängen, sollten Sie sich intensiv bezüglich Umschulungsmöglichkeiten und einem Wechsel innerhalb des Betriebs beraten lassen.

Schlafen. Nachts ist es wichtig, die entzündeten Gelenke in einer funktionsgerechten Haltung zu lagern und eventuell leicht zu fixieren. Sind Hüft-, Knie- oder Sprunggelenke betroffen, sollten Sie keinesfalls mit überkreuzten Beinen liegen.

Hilfsmittel

Hilfsmittel können das Leben von Rheumapatient*innen enorm erleichtern. Einige davon kann die Ärzt*in verordnen, d. h. die Krankenkasse übernimmt deren Kosten. Beispiele für nützliche Hilfsmittel sind

  • spezielle Flaschen- und Dosenöffner
  • Spezialbesteck mit extra großen Griffen, abgewinkelte Schneidemesser
  • aufsetzbare Griffe für Schüsseln oder Wasserhähne
  • Anziehhilfen für Socken und Schuhe, an die Wand montierbare Gestelle zum Anziehen von Oberteilen
  • Knöpfhilfen
  • Schuheinlagen und orthopädische Schuhe
  • Gehstöcke, Rollator
  • spezielle Computertastaturen.

Komplementärmedizin

Einmal zerstörte Gelenkstrukturen lassen sich auch mit komplementärmedizinischen Maßnahmen nicht mehr heilen. Einigen Verfahren wird jedoch ein positiver Einfluss auf die Entzündungsprozesse sowie ein schmerzlindernder Effekt zugeschrieben. Oberstes Gebot sollte es jedoch sein, diese nicht anstelle, sondern immer nur in Kombination mit der konventionellen Therapie einzusetzen.

Pflanzenheilkunde. Seit Jahrhunderten werden Pflanzen als Extrakte zum Einnehmen, als Teezubereitungen oder als Packungen gegen rheumatische Beschwerden eingesetzt. So sollen Nachtkerzenöl, Borretschöl und Öl aus den Kernen der schwarzen Johannisbeere die Beschwerden lindern. Auch Brennnessel, Weihrauch und Teufelskralle wird eine positive Wirkung nachgesagt. Objektive klinische Studien zu den Phytotherapeutika gibt es jedoch kaum, oft sind die Ergebnisse widersprüchlich. Ein Versuch mit der Pflanzenmedizin schadet aber auch nicht. Allerdings sollte man sich bezüglich Dosierung und Inhaltsstoffen in der Apotheke beraten lassen.

Akupunktur. Obwohl Akupunktur häufig zur Linderung einer rheumatoiden Arthritis empfohlen wird, liegen bislang noch keine gesicherten Erkenntnisse über den therapeutischen Nutzen vor; positive Erfahrungsberichte legen aber eine schmerzlindernde Wirkung nahe.

Entspannungsverfahren. Unbestritten ist die positive Wirkung von regelmäßig ausgeübten Entspannungstechniken. Besonders bewährt haben sich Autogenes Training, Yoga oder die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson. Viele Betroffene berichten von einer größeren Akzeptanz und einem gelasseneren Umgang mit den Schmerzen, zudem scheinen die Übungen einen positiven Einfluss auf die Gelenkfunktion zu haben.

Weiterführende Informationen

Rheuma-liga.de. Webseite der Rheuma-Liga mit einer Fülle von Informationen zur Erkrankung, Beratung und Kontakt zu Selbsthilfegruppen.

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